UNITEDINTERIM Blog

Case-Studies und Blogbeiträge von professionellen Interim Managern und Interim Managerinnen

Schwermaschinenbau: Wiedergewinnung des Kundenvertrauens durch Termintreue

Branche: Maschinenbau (für die Bergbauindustrie, Energiegewinnung, Schiffbau, Automotive)

Linienfunktion: General Management – CEO/CRO

Themen: Change Management, Restrukturierung, Supply Chain Management, Prozess-Optimierung, Termintreue, Tschechien

Umsatz:  20-25 Mio. Euro

Mitarbeiter: 360

Aufgabe: Weltweit tätige Großanlagenbauer mit bekannten Namen lassen wesentliche Teile bei diesem Auftragsfertiger in Tschechien herstellen, wie z. B. Ball- und SAG-Mühlen, Ringmotoren, Brecher, Turbinengehäuse, Unterkonstruktionen, Verbindungsteile und Laufrollen. Auf der Grundlage detaillierter Kundenzeichnungen erfolgt die Umsetzung durch Schweißen, Fräsen, Drehen und Bohren. Zu Projektbeginn mussten hohe Pönale aufgrund mangelnder Termintreue gezahlt werden, was sich wiederum auf Produktionsfehler durch Zeitdruck und Auftragsrückgänge seitens unzufriedener Kunden auswirkte. Zuerst holten mich die deutschen Inhaber als Berater, um ihnen einen ungeschminkten Bericht der Situation zu liefern, anschließend betrauten sie mich als CEO/CRO mit der 13 Monate dauernden Umsetzung. Nach erfolgreichem Projektabschluss begleitete ich das Unternehmen ein Jahr lang weiter, als Vertrauensperson der Inhaber in der Rolle des Chief Advisors. 

Lösung: Zuerst tat ich das, was ich immer tue, wenn ich neu in ein Unternehmen komme: Ich sprach mit möglichst vielen Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten und hörte sehr aufmerksam zu, um mir ein Bild der Lage zu machen. Vor allem divergierende Schilderungen ein und derselben Situation zwischen einfachen Mitarbeitern und Führungskräften zeigen sofort, wo das Problem liegt.

Das Kernproblem erkannte ich schnell in der mangelhaften Abstimmung zwischen Vertrieb, Produktion und Finanzen. Der Vertrieb versprach den Kunden schnelle Lieferungen zu niedrigen Preisen, die weder produktionstechnisch noch zu den notwendigen Deckungsbeiträgen realisierbar waren. Davon ausgehend entstanden Zeitdruck, Qualitätsmängel, finanzielle Verluste für die Inhaber und demotivierte Mitarbeiter.

Zur Lösung setzte ich die Supply Chain neu auf, wobei Ausgangspunkt die Kundenbeziehungen waren. Jeden wesentlichen Kunden besuchte ich persönlich, erfuhr weitergehende Details und kommunizierte, dass wir nur noch diejenigen Liefertermine und Preise zusagen würden, die wir auch einhalten könnten.

Entsprechend entließ ich den Widerstand leistenden Vertriebsdirektor und setzte die Vertriebsplanung neu auf. Ausgehend von dieser Neuausrichtung am Markt passte ich die weiteren Prozesse in der Supply Chain an: Arbeitsvorbereitung, Materialbeschaffung bzw. Einkauf und Produktion. Bei jeder Prozessänderung erklärte ich den Mitarbeitern, wieso diese notwendig ist und forderte sie zu Vorschlägen auf, wie sie selbst den Prozess optimieren würden, wenn sie darüber entscheiden könnten. 

Es kamen logischerweise sehr gute Verbesserungsvorschläge, weil Mitarbeiter als direkt Betroffene ihr Arbeitsgebiet am besten kennen. Die Leute waren sehr dankbar, dass ihnen endlich jemand „von oben" zuhörte und sprudelten geradezu vor Ideen. Die wöchentliche Abstimmung mit den deutschen Inhabern erfolgte auf Deutsch und Englisch, Kundengespräche auf Deutsch, Englisch und Russisch, Lieferantengespräche auf Tschechisch, Deutsch und Englisch. Tschechisch sprechen reicht nicht aus, es kommt auf ein feinfühliges Verständnis der tschechischen Mentalität an. Trotz unmittelbarer geographischer Nähe und einer gemeinsamen Geschichte über zehn Jahrhunderte sind die Mentalitätsunterschiede zu Deutschland oder Österreich beträchtlich und sollten nicht unterschätzt werden.

Ergebnis: Die Mitarbeiter bezog ich in die Veränderungsprozesse aktiv ein, was das bisherige tschechische Management nicht verstand hatte. Das funktionierte am besten über klare Ansagen und direktes Zuhören in deren Muttersprache Tschechisch, über deutsch- bzw. englischsprachige Behelfskommunikation wären wichtige Informationsbestandteile verloren gegangen.

Gegenüber unseren internationalen Kunden zog ich rote Linien des Machbaren, dass wir uns nur noch auf das einließen, was wir auch einhalten konnten. Somit erreichte ich, dass wir als Lieferant in neuem Licht als termintreu wahrgenommen wurden. Intern passte ich dazu die Prozesskette inkl. Produktion an.

Zufriedene Kunden und Mitarbeiter sorgten für hohe Termintreue, damit deutlich reduzierte Pönalzahlungen, weniger Produktionsfehler und einen um 11% erhöhten Auftragseingang, was die finanzielle Situation für die Inhaber verbesserte.

Hansjörg Müller
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Montag, 10. März 2025

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