UNITEDINTERIM Blog
Küchen-Start-up: Restrukturierung des Kaufmännischen Bereichs vor Kapitalerhöhung
Branche: Vertrieb von Küchenmöbeln, E-Commerce
Linienfunktion: Finanzen (CFO)
Thema: Start-up, Kostenrechnung, Liquiditätssicherung, Restrukturierung, KPI, Operational Excellence, Digitalisierung, Skalierung
Umsatz: von 1 Mio. Euro auf 16 Mio. Euro
Mitarbeiter: 60
Ausgangssituation: Das Start-up hatte sich zum Ziel gesetzt eine digitale Customer Journey aufzubauen, welche den Gang in ein Küchenstudio ersetzt. Die geplanten Umsätze für das ersten Jahr wurden erreicht und der Proof of Concept geliefert. Die Top-line war am Plan gemessen gut; die Bruttomarge war jedoch niedriger, die Zahlungseingänge kamen später und die Burnrate war höher als im Plan.
Aufgabe: Um die nächste Kapitalerhöhung sicherzustellen, mussten die Steuerungsgrößen für die Messbarkeit des neuen Geschäftsmodelles implementiert werden.
Lösung: Mein Lösungsansatz entsprach vom Grunde her dem Magischen Dreieck aus dem Projektmanagement, mit den wesentlichen Faktoren Zeit, Kosten und Qualität, welche die wichtigsten Zielkonflikte und Abhängigkeiten aufzeigt.
„Cash is King" und hat eine hohe Priorität bei Start-ups. Um den Burn zu reduzieren, war der Cash-Conversion-Cycle hier meine Top-Priorität. Bei der Rechnungsstellung und den Forderungen an Kunden identifizierte ich direkt mehrere Punkte:
(1) Die Rechnungsstellung erfolgte auf Basis von Anzahlungsrechnungen, welche eine Zahllast bei der Umsatzsteuer in Höhe von 100% für die gesamte Projektsumme verursachte (zu hoher Cash-Out).
(2) Die Art der internen Abstimmung für die Rechnungsstellung, welche zu einer Verzögerung bei der Erstellung und Versand der Rechnung führte (später Cash-in).
(3) Die Zahlungseingänge wurden weder systematisch überwacht noch nachgehalten (fehlendes Working Capital Management).
Hier habe ich die Teilzahlungsrechnungen eingeführt, welche dem erbrachten Leistungsumfang entsprachen. Auch wenn ich hier vorgreife: Die Effekte waren:
(1) Die erste Teilzahlung wies die richtige Umsatzsteuer aus und führte zu keinem überhöhten Mittelabfluss;
(2) diese lag – vom Wert her – über der ursprünglichen Höhe für die Anzahlungsrechnungen;
(3) erfüllten die Rechnungslegungsnorm zur Umsatzrealisierung
Die Berechnung der Höhe der Anzahlungs-, und die darauffolgende Hauptrechnung, sowie Berechnung der Fälligkeit, habe ich umgestellt und klare Regeln definiert. Dadurch konnten 90% der Bestellung ohne Reibungsverluste pünktlich fakturiert werden, was von der Höhe und Fälligkeit auch für den Kunden ein Vorteil darstellte.
Die offenen Forderungen (DSO-Days Sales Outstanding) wurden mit den Zahlungseingängen systematisch überwacht; neue Rechnungen wurden eine Woche vor Fälligkeit nochmal telefonisch avisiert. Neben der Prozessualen Lösung habe ich Systemisch einen Bankabgleich (z.B. via MT 940 Schnittstelle) mit den Offenen Posten (im CRM-System - Customer Relationship Management) eingeführt. Nach der Internalisierung der Buchhaltung habe ich das in die Finanzbuchhaltung übertragen.
Durch diese Maßnahmen habe ich binnen Wochen den Cashflow um mehrere hunderttausend Euro verbessert, neue Überfälligkeiten vermieden und die Regulatorischen Risiken reduziert.
Auf die Dauer zur Erstellung und Versand von korrekten Rechnungen und der Überwachung von Zahlungszielen, folgten die Kosten und deren Messbarkeit.
„Man kann nur verbessern, was man messen kann" ist ein grundlegendes Prinzip im Management, Qualitätswesen und in der Prozessoptimierung. Es wird oft mit Peter Drucker, einem der einflussreichsten Managementdenker des 20. Jahrhunderts, in Verbindung gebracht, obwohl es nicht direkt von ihm stammt. Das Prinzip betont die Bedeutung von Messbarkeit und von Daten als Grundlage für kontinuierliche Verbesserung. Hier gilt es nicht um das Messen als Selbstzweck, sondern um jene KPIs (Key Performance Indicators), welche für das neue Geschäftsmodell relevant sind und sich in der Unternehmens-DNA spiegeln.
Für die Messbarkeit der relevanten Kosten habe ich die Ordnungskriterien und Kontierungsmerkmale definiert. Dies sind spezifischen Merkmale oder Kriterien, die bei der Buchung von Geschäftsvorfällen verwendet werden, um Transaktionen zu kategorisieren und zuzuordnen.
Die Buchhaltung des Start-ups wurde in einem Steuerbüro geführt, das in keiner Form die Buchungstiefe für ein Performance Management erfüllte. Der Focus hier sind die Unit Economics (auf Deutsch oft als Einzelwirtschaftlichkeit bezeichnet), die die Analyse der Erträge und Kosten eines Geschäftsmodells auf „pro Einheit Basis" bschreibeb. Es geht darum, die Rentabilität und Nachhaltigkeit eines Unternehmens auf der grundlegendsten Ebene zu verstehen, indem man die finanziellen Kennzahlen pro Einheit betrachtet.
Warum sind Unit Economics wichtig?
(1) Rentabilitätsanalyse: Sie helfen zu verstehen, ob ein Geschäftsmodell auf pro Einheit Basis profitabel ist.
(2) Skalierbarkeit: Sie zeigen, ob das Unternehmen nachhaltig wachsen kann, ohne Verluste pro Einheit zu machen.
(3) Investorenvertrauen: Sie demonstrieren Investoren, dass das Unternehmen einen klaren Weg zur Profitabilität hat.
(4) Entscheidungsfindung: Sie unterstützen bei Preisgestaltung, Marketing und operativen Entscheidungen.
Hierzu habe ich die Finanzbuchhaltung in-house aufgebaut und den Buchungsprozess so organisiert, dass die auftragsbezogene Erfassung von Stückkosten gewährleistet war. Zur Sicherstellung der Skalierbarkeit gehören immer digitale Lösungen; diese müssen von Anfang an Teil eines Lösungsansatzes sein.
Hier habe ich ein bekanntes System zur Erfassung und Vorkontierung von Eingangsrechnungen ausgewählt, welches über die Schnittstellen zu Bank- und Buchhaltungssystemen verfügt. Das notwendige Buchungsmerkmal „Profit Center" ist in den gängigen Systemen für KMUs (Kleine und Mittlere Unternehmen) unter der Bezeichnung „Kostenstelle 2" zu finden und wurde für die Auftragsbezogenen Erfassung genutzt.
Nach dem Konzept wurden die Elemente für jeden Auftrag, wie z.B. Küchenmöbel, Steinplatten, Elektrogeräte sowie die Dienstleistungen für das Aufmaß, Anlieferung oder Aufbau und Montage – im Schnitt 16 unterschiedliche Gewerke pro Küche – zu den Kosten für die Unit Economic erfasst. Die Information für den Erlös kam aus der Rechnung, wo ich die "Kommission Küche" als zwingendes Merkmal eingeführt habe.
Um auch hier den Cashflow eng zu überwachen, habe ich eine Berechnung eingeführt, welche den Cashflow pro Kommission ausweist und in Summe die Bruttomarge darstellt.
Der Dritte elementare Aspekt war die Qualität (die Profitabilität pro Küche, von der Bruttomarge bis zum Cash-Flow, inkl. Änderungen der Aufträge und Nacharbeiten). Die gewonnen Transparenz war der Ausgangspunkt für Operation Excellence (OE).
OE ist ein Managementkonzept, das darauf abzielt, die Effizienz, Qualität und Wertschöpfung in allen Unternehmensprozessen kontinuierlich zu verbessern. Es geht darum, eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung zu schaffen, um langfristigen Erfolg zu sichern. Hier sind die wichtigsten Aspekte, Prinzipien und Methoden von Operational Excellence:
Operational Excellence bedeutet, dass ein Unternehmen seine Prozesse so optimiert, dass es "höchste Effizienz", "Qualität" und "Kundenzufriedenheit" erreicht. Es ist kein einmaliges Projekt, sondern eine "langfristige Strategie", die in der Unternehmenskultur verankert ist.
Die Ziele von Operational Excellence sind:
(1) "Steigerung der Effizienz": Reduzierung von Verschwendung, Kostensenkung und Optimierung der Ressourcennutzung.
(2) "Verbesserung der Qualität": Fehler minimieren und konsistente Produkt- oder Dienstleistungsqualität sicherstellen.
(3) "Kundenzufriedenheit": Schnellere Lieferzeiten, höhere Flexibilität und bessere Servicequalität.
(4) "Innovation und Agilität": Förderung einer Kultur, die kontinuierliche Verbesserung und Anpassungsfähigkeit unterstützt.
(5) "Mitarbeiterengagement": Einbindung der Mitarbeiter in Verbesserungsprozesse und Schaffung eines motivierenden Arbeitsumfelds.
Ergebnis:
Der Ausgangspunkt waren – gegenüber dem Plan – eine zu niedrige Bruttomarge, verspätetet Zahlungseingänge und ein höherer Burn. Hierzu habe ich direkte Lösungen eingeführt und die organisatorischen sowie prozessualen Voraussetzungen für eine gesunde Skalierung geschaffen.
Ein Aspekt, der meistens nicht vordergründig betrachtet wird, sind die Menschen, mit allen ihren Stärken und unterschiedlichen Eigenschaften, welche eine Organisation ausmacht.
Trotz Standards, umfangreichen Handbüchern und Trainings, verhalten sich Menschen unterschiedlich, was durch Zahlen auf der Ebene der Unit Economics sichtbar wurde. Voraussetzung für eine profitable Skalierbarkeit, der Weg vom Star-Up zum Scale-Up, sind auch die Menschen, welche als Team in das Geschäftsmodell passen müssen. Auch diesen Aspekt habe ich hier – soweit messbar – transparent gemacht.
Im Ergebnis konnte die nächste – sowie weitere – Kapitalerhöhungen konnten stattfinden.
Markus KopfPROFIL BEI UNITEDINTERIM
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