UNITEDINTERIM Blog

Case-Studies und Blogbeiträge von professionellen Interim Managern und Interim Managerinnen

In Hochgeschwindigkeits-Wildwasserzeiten wollen Sie weitermachen wie bisher: Wirklich…?

Preface

Haben Sie meine Case Study "Business Pläne im Check – Mittelstand fit für Private Equity?" hier auf dieser Plattform gelesen? Wenn nicht, hier nochmals der Link:

Business Pläne im Check - Mittelstand fit für Private Equity?

Im Rahmen dieses Projektes lernte ich im Jahr 2023 insgesamt 17 Unternehmen kennen; zwei Unternehmen aus dem MDAX und 15 Unternehmen mit geschlossenem Kapital, fast durchweg Familienunternehmen und nicht wenige davon der Gruppe der so genannten "Hidden Champions" zuzurechnen.

Mit einigen Unternehmern verbindet mich über die damalige Projektmission hinaus eine Freundschaft und eine konstante Beratung – bis hin zu sehr fokussierten Teilprojekten vor allem im Bereich Business Development für internationale Märkte.

In diesem Blog, meinem letzten im Jahr 2024 auf dieser Plattform, möchte ich mal einige Aspekte zusammenfassen, welche ich mit meinen Geschäftsfreunden und Mandanten im Verlauf des Jahres besprach. Ich bin mir sicher, dass nicht wenige Leser sich hier wiederfinden.

Wir leben in Hochgeschwindigkeits-Wildwasserzeiten. Der digitale Umbruch, unerwartete Ereignisse und permanente Vorläufigkeit fegen fast alle vertrauten Spielregeln hinweg. Das ist ein Umfeld, indem man sich im deutschen Kulturraum kulturell und historisch nicht gut bewegt. Und „später" heißt sehr schnell „zu spät".

Die gute alte Schreibmaschine ...

Ein bezeichnendes Beispiel für das Scheitern ist die Geschichte der Schreibmaschine Smith Corona PWP 40. Diese ultrakompakte Schreibmaschine war ihrer Zeit voraus.

Sie konnte Rechtschreibkorrekturen durchführen, Suchen-/Ersetzen-Befehle ausführen und in Laserqualität drucken – ein kleines mobiles Büro in einem Gerät. Smith Corona war ein weltweit führendes Unternehmen mit Topmanagern von Elite-Universitäten und einem Umsatz von 500 Millionen Dollar im Jahr 1989.

1990 erkannte man bei Smith Corona den Trend zum PC und ging eine Partnerschaft mit Acer ein. Doch als der Markt rauer wurde, zog sich das Unternehmen 1991 zurück, um sich auf seine „Kernkompetenz" zu konzentrieren.

Übrigens, das wurde dem Management von einer globalen Strategieberatung in einer sehr langen und sehr teuren Studie empfohlen. Der CEO, G. Lee Thompson, erklärte damals – basierend auf den strategischen Empfehlungen –, dass es weiterhin einen starken Markt für Schreibmaschinen gäbe. 1995 war Smith Corona insolvent, während Acer zu einem der größten Computerhersteller aufstieg.

Warum sollen wir sowas machen? Funktioniert doch auch so!

„Das Alte ist doch noch gut genug, weshalb sollen wir innovieren?" Im Jahr 2023 war ich für gut sechs Monate in zwei Projektmissionen in der DACH-Region im Einsatz. In einem der beiden Projekte war der Mandant ein Private Equity-Unternehmen mit Fokus auf mittelständische Familienunternehmen. Ich hatte die einmalige Chance, in der Zeit 17 Unternehmen kennenzulernen: 15 Mittelständler mit geschlossenen Kapital und zwei MDAX Unternehmen.

Und in 70% der Unternehmen schlug mir das genau entgegen:

„Digitalisierung? IoT? Generative KI? Für uns ist das noch keine Innovation – so wie es ist, funktioniert doch alles."

Diese Denkweise ist symptomatisch für den Untergang vieler Unternehmen. Was einst erfolgreich war, reicht plötzlich nicht mehr aus. Gary Hamel, ein bedeutender Managementdenker, beschreibt es treffend: „Die Zukunft macht leicht Narren aus den Unbelehrbaren, die sich zu lange an alte Gewissheiten klammern."

Viele Unternehmen verfallen in den Reflex, ihre bestehenden Technologien weiter zu verbessern, anstatt sich mit den Möglichkeiten neuer Ansätze auseinanderzusetzen. Sie erkennen disruptive Alternativen entweder nicht oder spielen deren Bedeutung herunter – ein fataler Fehler, wie die Geschichte von Nokia und Smith Corona eindrucksvoll zeigt.

Wenn das Wort Zukunft schon Angst auslöst

Angst vor Veränderung ist menschlich, aber im Wirtschaftsleben fatal. Wenn es brenzlig wird, ziehen wir uns auf gewohnte Verhaltensmuster zurück. Dieser Tunnelblick verengt den Fokus und neuartige Innovationen ziehen an einem vorbei.

Was ich in 2023 und 2024 am häufigsten von Unternehmen der DACH-Region hörte:

„Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Das nächste Quartal steht vor der Tür, und die Zukunft läuft uns ja nicht davon."

Doch plötzlich ist es dann zu spät. Es fehlen Fachkräfte, Weiterbildungskonzepte und die Adaptionsspanne sinkt, die rasant neu entstehenden Märkte werden besetzt.

Die Konkurrenten besetzen schon lokale Märkte vor Ort, rollen ihre neuen Organisationsformen aus, testen neue Produkte für lokale Märkte. Beeindruckende Beispiele hierfür sind z.B. BYD und Great Wall Motors (GWM) in Brasilien und Mexiko. Angefangen von neuen Produktionskonzepten, bis hin zu komplett neu gedachten Vertriebssystemen – beide lateinamerikanischen Nationen werden seit Jahren mit zunehmender Geschwindigkeit als Labor genutzt. Wenn Sie mehr dazu lesen wollen, bitte ich Sie, unsere LinkedIn Page zu besuchen und den GreyRhino Newsletter zu abonnieren. Gleich im neuen Jahr starten wir mit dem Fokus der chinesischen Automobilhersteller in Brasilien und Mexiko. 

Während First Mover längst unterwegs sind, bleiben die alten Gewinner auf der Strecke. Die Idee, eine Nische zu besetzten, funktioniert immer weniger. Zum einen sind die Margen, um eine Alleinstellung zu sichern, häufig zu klein, die Economies of Scale geben keine wirtschaftliche Produktion mehr her und die Konkurrenten nehmen Nischen häufig als Derivat ihrer Blockbuster Produkte mit. Warum machen sie das? Um Konkurrenten vom Markt fernzuhalten. Das ist eine Marketing-Strategie!

Die diabolische Komfortzone

Deutsche Unternehmen brauchen unbedingt ein klares Zukunftsbild. Ich kann das gut vergleichen, da wir bei iMB.Solutions Mandanten aus Nordamerika (USMCA), Frankreich, DACH und Lateinamerika haben. Niemand kennt die Zukunft, aber Szenarien können helfen, Ungewissheit zu reduzieren.

Szenario-Planung ist dabei ein effektives Werkzeug, um mögliche Entwicklungen zu antizipieren und Handlungsfelder abzuleiten. Diese Vorgehensweise erfordert:

  1. Ein Future-Team aufstellen: Interdisziplinär und kreativ. Das Team wird temporär immer wieder neu konstituiert. Scheuen Sie sich nicht, externe Experten an Board zu nehmen.
  2. Eine Ausgangsfrage formulieren: Welches Ziel soll erreicht werden?
  3. Die Ziel-Zeitachse bestimmen: In welchem Zeithorizont bewegen wir uns? Wie breit machen wir den Szenario-Konus? Im Vergleich zu vielen anderen Unternehmen agieren deutsche Unternehmen, ganz anders als ihr Ruf, sehr taktisch und kurzfristig orientiert.
  4. Maßgebliche Trends erforschen: Was sind die treibenden Kräfte der Veränderung? Dazu müssen auch die Auslandsgesellschaften gleichberechtigt gehört werden. Beispiel e-Mail: Noch bevor e-Mails auch in Deutschland sich Bahn brachen, hatten fast alle deutschen Niederlassungen schon e-Mail im operativen Einsatz, aber nicht in der Kommunikation mit dem Mutterhaus. Ähnliches ist aktuell bei Technologien wie 3D-Printing in der Produktion oder im Einsatz von generativer KI zu beobachten.
  5. Veränderungskräfte identifizieren: Welche Einflüsse können entscheidend sein? Hier kann es stressig werden! Denn häufig ist damit in der Konsequenz das Verlassen der Komfortzone  gemeint. Und wer sich auf diesen Weg begibt, wird interne Stürme aushalten müssen. Hier hat sich die "German corporate culture" eher negativ entwickelt. Man scheut sich, die Komfortzonen zu verlassen. Das bildet sich auch in den Bonusregelungen ab. Sicherheit bekommt einen überdimensionalen Vorrang und schafft kein Klima, als Pioneer unterwegs zu sein.  
  6. Mögliche Szenarien entwickeln: Unterschiedliche Zukünfte durchspielen. Das geht weit über die kleinteilige Ressourcen-Planung in Excel hinaus, was sehr viele den Business Plan nennen. Das ist aber nichts weiter, als eine taktische Ressourcen-Allokation und ist weit von strategischen Plänen entfernt. Vergessen Sie auch die Excel-basierten Szenarien +/-10% auf Ihr Basis-Szenario in Ihrer Planung. 
  7. Future Personas konzipieren: Stakeholder der Zukunft visualisieren. Hier sind auch die Personaldienstleister gefordert. Machen Sie Ihren so genannten Headhuntern klar, dass Sie nicht nach der gleichen Person für Ihre gleiche Position bei den Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt suchen. Machen Sie mal den Versuch! Sie werden sehen, dass sehr viele so genannte Headhunter nicht dazu in der Lage sind, über die Komfortzone der gleichen Industrie und ihre eigene Datenbank mit Kandidaten hinauszugehen. Dann sollten Sie entscheiden, ob das der richtige Personalberater für Sie und die vor uns liegende Zukunft ist. Bauen Sie sich gegebenenfalls auch ein Team aus Implementierungs-orientierten Beratern – also Interimmanagern – auf, die Ihre Spezialprojekte entwickeln und auch implementieren. Was zeichnet diese "Special Force" aus? Beratung ist nicht das Geschäft, womit diese Leute Geld verdienen – das ist das Derivat ihrer strukturierten Arbeit. Und davon werden Sie und Ihre Organisation mächtig profitieren.
  8. Passende Handlungsfelder fixieren: Welche Maßnahmen sind sinnvoll? Immer darauf achten: interne und externe Massnahmen und gewollte Schocks ausbalancieren.
  9. Die Zukunftsszenarien definieren: Klarheit und Zielorientierung schaffen. Und die Szenarien artikulieren.
  10. Umsetzungspläne initiieren: Vom Denken ins Handeln kommen. Gans schnell. Lassen Sie sich hier vom DesignThinking inspirieren. Testen – Feedback holen – anpassen und wieder testen! 

Fazit - 2025 ist nicht morgen!

In Zeiten des digitalen Umbruchs und permanenter Vorläufigkeit ist das Kreieren von Zukunftsszenarien eine Schlüsselkompetenz. Unternehmen müssen mutig, kühn und kontinuierlich nach vorne denken, um die Herausforderungen von morgen zu meistern – und morgen ist gleich: 2025!

Denn eines ist sicher: In Hochgeschwindigkeits-Wildwasserzeiten ist „später" sehr schnell „zu spät".

Haben Sie sich an irgendeiner Stelle wiedergefunden? Wahrscheinlich haben Sie ganz schnell visualisiert, wo Sie als Unternehmer ansetzen können oder sollten. Ein Großteil meiner Projektmissionen habe ich in Emerging Markets bearbeitet. Also bin ich ein robuster Hochgeschwindigkeits-Wildwasser-Pilot. Lassen Sie uns mal ein unverbindliches Gespräch vereinbaren – gerade jetzt, kurz bevor wir uns in den stürmischen Ozean 2025 stürzen.

Frank P. Neuhaus
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Montag, 30. Dezember 2024

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