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Navigation zum Aufbau eines digitalen Geschäftsmodells
In den letzten Jahren haben wir besonders in Projekten, in denen eine digitale Transformation anstand, gleich zu Beginn des Prozesses erfreut festgestellt, dass viele Unternehmen unserer Kunden als Mittelständler eigentlich schon einen Vorteil hatten, wenn es um die Digitalisierung von Prozessen ging: Es gab keine Altsysteme.
So konnten wir uns sofort auf die Anmietung von Infrastruktur und Software als Service, entsprechend der Größe unseres Kunden, konzentrieren, ohne technologische Assets zu immobilisieren. Diese Denkweise hatten wir bei iManagementBrazil bereits in mehreren Projekten mit brasilianischen Start-up-Unternehmen gelernt. Das ist ein fundamentaler Ansatz im sogenannten Lean Startup- Ansatz.
Enge Budgets und weniger Widerstand gegen Veränderungen trugen auch dazu bei, Cloud Computing schnell zu implementieren. Eigentlich streben wir in solchen Projekten immer eine voll integrierte Cloud-Lösung an. Investitionen in Server und Netzwerke sind somit von minderer Budgetrelevanz.
Die Evaluierung der tatsächlichen Bedürfnisse und die Förderung inkrementeller und konstanter Veränderungen ist der beste Weg. Es erscheint grundlegend wichtig, ein Gleichgewicht zwischen den Träumen von der digitalen Welt und der tatsächlichen Dringlichkeit zu finden. Es ist im Interesse der Mandanten von hoher Priorität, nicht mit den sich schnell abwechselnden Schlag- und Modewörtern in der Diskussion um Digitalisierung unterwegs zu sein. Aktuell gewinnt z.B. die KI, also künstliche Intelligenz, einen Hype-Status, besonders bei unseren Mandanten der Region DACH. Schon allein die Entwicklung von KI-basierten Modellen und das notwendige Training der Module mit kuratierten und sauberen Datensätzen ist ein enormer Aufwand und sprengt faktisch jedes Budget. Ein anders Problem ist in diesem Kontext die Knappheit von notwendigen Experten.
Um das sicherzustellen, brauchen wir immer sehr schnell eine echte taktische Planung und die Übersetzung in einen robusten, auf Zahlen basierenden Geschäftsplan, untermauert durch Pläne zur kurzfristigen Implementierung von Prozessen und zur schnellen Realisierung von Betriebsgewinnen.
Besonders in 2020/21, infolge der Pandemie, war in fast jedem Geschäftsmodell, welches wir uns ansahen, die Logistik zum Engpass geworden, der zu Verzögerungen und Serviceproblemen führte. Um hier einen administrativen ad-hoc Ansatz zu implementieren, konzentrieren wir uns daher auf Technologien und Systeme zur Warenverfolgung, die die Produktivität unserer Kunden erhöhen.
Aufgrund unserer normalerweise klaren Budgetvorgaben ist dies ein progressiver Prozess, der Disziplin, Investitionen und kontinuierliche Anstrengungen erfordert. Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Investition in die Integration mit anderen Gliedern der Produktionskette durch eine bessere Verfolgung der Produkte im Herstellungsprozess.
Das signifikante brasilianische Wachstum des E-Commerce im Jahr 2020/21 mit einer Umsatzsteigerung von 60% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum setzte den Logistiksektor in 2020 – und auch 2021 – unter Druck. Das hatten wir sehr schnell aus all unseren Gesprächen gelernt und wussten, dass wir uns darauf konzentrieren mussten, um einen digitalen Geschäftsansatz zum Erfolg zu führen. Wir erkannten in diesen Projekten schnell, dass sich die Einführung von Technologien vor allem in den Prozessen des Liefermanagements verzögern kann, wenn wir das Thema nicht vollständig beherrschen.
Dieser Anspruch ist allerdings sehr schwer zu realisieren und bindet in den meisten Fällen zu viel Ressourcen. Wir sahen, dass Konkurrenzunternehmen unserer Kunden, die bei der digitalen Transformation voraus waren, auch flexibler waren, wenn es um die Anpassung ging. Einen solchen Vorsprung konnten wir bei unseren Kunden jedoch nie antreffen, da es sich um kleine bis mittlere Unternehmen handelte und die Budgets deutlich begrenzt waren.
Der Logistiksektor ist für die Endkundenwahrnehmung sehr sensibel. Und hier half die alte Denkweise der Economies of Scale: Beispiel Coffee Shop Franchise Kette. Was bietet der Marktführer in Brasilien?
An dieser Stelle möchte ich den Marktführer iFood als Beispiel nennen. iFood ist eine der innovativsten Marken auf dem Markt. Es ist der größte Food-Tech-Spezialist in Brasilien und führend bei der Online-Lieferung von Lebensmitteln. Die Marke führt derzeit 4 Millionen Bestellungen pro Monat aus und hat mehr als 20.000 registrierte Restaurants in über 100 Städten in Brasilien. Das Unternehmen befindet sich im Besitz von Movile – einem der größten Akteure auf dem weltweiten App-Markt – und Just EAT – der weltweit größten Online-Bestellgruppe mit einem geschätzten Marktwert von 4 Milliarden US-Dollar. Das Unternehmen bietet einen digitalen Marktplatzservice für Restaurants, Cafés, Bäckereien etc. an, hat auch eine eigene Fahrzeugflotte und verbindet Zusteller auch mit solchen ohne Lieferstruktur.
Das Unternehmen ist in seiner digitalen Wertschöpfung so massiv vorangeschritten, dass der Kauf von Gebäck zusammen mit kippsicheren Kaffeebechern und alles weitere direkt von einer Drohne geliefert zu bekommen, nach einer jüngsten Entscheidung der Nationalen Zivilluftfahrtbehörde (Anac) keine verrückte Idee mehr ist. In Brasilien dürfen kommerzielle Lieferungen per Drohne erfolgen, darunter auch Lebensmittel. So wird iFood in Zusammenarbeit mit dem Startup-Unternehmen Speedbird Aero die erste Liefer-App in Lateinamerika sein, die nach diesem Modell arbeitet. Für die Zustellung können nur Drohnen des Modells DLV-1 NEO auf Strecken mit einem Radius von 3 km und einer Last von bis zu 2,5 kg eingesetzt werden. Die Idee von iFood ist, dass die Bestellungen an einem Drohnenhafen abgegeben und von einem Zusteller abgeholt werden, der die letzte Meile der Route zurücklegt. In den bisherigen Testregionen wurde die Fahrzeit für ca. 3 km lange Strecke von etwa 28 Minuten auf 5 Minuten reduziert.
In unserem Projekt zur digitalen Transformation für eine Coffee Shop Franchise Kette in São Paulo war für uns somit klar, dass diese offene digitale Plattform zu einer unmittelbaren Alternative wird, da wir keinen Lieferservice in der eigenen Wertschöpfungskette hatten und auch keinen aufbauen wollten bzw. konnten.
Wie alle Digital Natives nutzt auch iFood die Mittel der künstlichen Intelligenz. Es trainiert Algorithmen zur Berechnung von Routen, zur Abschätzung von Lieferzeiten, zum Auffinden des verfügbaren Zustellers und der unmittelbaren Umgebung des Geschäfts. In der Praxis bietet es ein Managementsystem sowohl für die Filialen als auch für die Transportdienstleister. Die Zusteller können sehen, wo sie hin müssen, welche Bestellungen sie aufgegeben haben, welche Routen sie genommen haben. Die Agilität des Systems wird durch kognitive Computertechniken gewährleistet, die die Datenverarbeitungszeit reduzieren. Dadurch ist iFood in der Lage, einen Durchschnitt von etwa 30 Minuten zwischen der Registrierung der Bestellung und der Auslieferung des Essens an den Verbraucher einzuhalten.
Aktuell befinden wir uns mit unserem Mandanten in der Feldtestphase des erweiterten digitalen Modells sowie in den integrativen Arbeiten mit iFood. Wie schon in den vorherigen Projektphasen mit dem gleichen Mandanten können wir auch hier wieder feststellen, dass man bei digitalen Transformationsprojekten unbedingt mit beiden Beinen ganz fest auf dem Boden stehen und den Mandanten auch immer wieder einfangen muß, um nicht in die „strahlende und einfache digitale Welt“ zu entgleiten. Man muß sehr konservativ abschätzten, was man selbst leisten kann. Auch muß man genügend Zeit reservieren, um die richtigen Partner und offenen Plattformen zu finden.
Frank P. Neuhaus
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