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KI or not be? – Bestandsaufnahme und Ausblick zum Einsatz Künstlicher Intelligenz in Unternehmen (Teil 2/2)
Gute Gründe, warum Unternehmen sich heute mit KI-Algorithmen und Anwendungen sowie deren Einführung im eigenen Unternehmen befassen sollten, finden Sie im 1. Teil dieses Blog-Beitrags. Darauf aufbauend geht es hier darum, wie künstliche Intelligenz in die eigenen Produkte und Prozesse integriert werden kann.
Wie sollten Unternehmen beim Einsatz von KI vorgehen?
McKinsey identifizierte in einer jüngst veröffentlichten Studie (August 2023) fünf signifikante Erfolgsfaktoren, mit denen sich innovative Unternehmen nachhaltige Wettbewerbsvorteile durch Nutzung künstlicher Intelligenz verschaffen:
(1) Sie wissen, wie man die richtigen Fragen stellt: Top-Innovatoren setzen KI heute ein. Sie verfügen über technisch versierte Führungskräfte, die verstehen, wie sie neue Technologien in ihrem Unternehmen nutzen, um vom Kunden wahrgenommenen Mehrwert zu schaffen.
(2) Sie erkennen und verwerfen „falsche Antworten" schnell: Diese Unternehmen haben bereits eine Kultur des schnellen „Verstehen – Prototyping – Testen – Lernen oder Verwerfen" etabliert. Sie betrachten verworfene Ideen nicht als Niederlage sondern – ganz im Sinne von Thomas A. Edison – als einen „möglichen Lösungsweg, der so nicht funktioniert" – oder formulieren die Ausgangsfrage daraufhin neu.
(3) Sie bauen kontinuierlich proprietäre Daten auf: Top-Innovatoren verfügen bereits über interne Prozesse, Produkte und Kundeninteraktionen zur Erfassung und Nutzung interner und externer Daten. Dies umfasst auch dokumentierte und gelebte DevSecOps-Praktiken, die die Daten und den Umgang mit diesen ordnungsgemäß schützen und „versehentliches Durchsickern" proprietärer Daten in das breitere „Quellmaterial" für öffentliche Algorithmen wie ChatGPT wirksam verhindern.
(4) Sie lernen schnell. Erfolgreiche Innovatoren verfügen über unternehmensweit eingeführte Praktiken, die der ganzen Organisation helfen, neue Erkenntnisse schnell und konkret zu nutzen. Ihre agilen Teams sind gewohnt, eigenen Code zu schreiben und nutzen die Unterstützung der KI, um ihr Coding und die Fehlersuche zu beschleunigen. Das verkürzt die Zeit von der Idee bis zum erlebbaren „minimal viable product" im Testmarkt erheblich.
(5) Sie automatisieren wichtige Arbeitsabläufe. Um von der Geschwindigkeit der KI zu profitieren, werden manuelle, menschliche Eingriffe weitgehend vermieden. Nur wenn der direkte technische Zugriff auf riesige Datenmengen möglich ist, kann die KI ihre Fähigkeit „selbst zu lernen" nutzen und sich weiterzuentwickeln.
Was sollten Unternehmen nun konkret tun?
Aus den Empfehlungen in den untenstehenden, weiterführenden Veröffentlichungen lassen sich folgende Vorgehens-Schritte für den systematischen Einsatz von künstlicher Intelligenz ableiten:
1: Grundlagen legen: Objektive Bewertung und Schaffung der Voraussetzungen für eine KI-Transformation
Auch wenn Sie das Ziel Ihrer Transformation noch nicht exakt beschreiben können, sollte am Anfang eine möglichst objektive Bestandsaufnahme stehen, um Handlungsfelder zu identifizieren, priorisieren und adressieren:
- Technisch: Eine cloudbasierte Microsoft M365 und Azure Infrastruktur (oder die eines Wettbewerbers) sollte in 2023 bei den meisten Unternehmen bereits implementiert sein. Falls nicht, ist die Aktualisierung der Infrastruktur ein unabdingbarer erster Schritt, um mit cloudbasierten KI-Diensten arbeiten zu können. Darüber hinaus sollten Sie technische Trends und deren Einsatz bei Wettbewerbern verstehen: Wie wirkt sich KI auf Ihre Wertschöpfung und Ihr Geschäftsmodell aus? Worin liegen die neuen Herausforderungen?
- Organisatorisch-kulturell: Die Organisation muss in der Lage sein, nicht nur die Anforderungen des eigenen Absatzmarkts sondern auch die Voraussetzungen für den Einsatz von KI zu verstehen und zu nutzen:
- verfügen Sie über technisch versierte Führungskräfte, die neue Technologien und deren Mehrwert für Geschäftsprozesse sowie in der Kundeninteraktion verstehen? Wie können Sie dies nutzen/fördern?
- Data Governance stellt sicher, dass Daten effizient und verantwortungsbewusst verwaltet werden, um ihre Qualität und Sicherheit zu gewährleisten
- Datenkultur bezieht sich auf einen organisationsweiten Ansatz zur Wahrung der Bedeutung von Daten und ihrer Nutzung zur Verbesserung der Geschäftsprozesse
- Agile Teams: Welche Prozesse in Ihrem Unternehmen stellen sicher, dass neue Erkenntnisse schnell und konkret nutzbar gemacht werden? Wie werden Anforderungen aus Business Use Cases in konkrete Lösungen umgesetzt? Wie agil werden diese entwickelt? (Design Thinking, Experimenting, Testing, MVP)
- Personell: wie stellen Sie sicher,
dass Ihre Mitarbeiter die notwendigen Kompetenzen erwerben (können)?
- Mitarbeiter, die generative KI für ihre
Arbeit nutzen, sollten Grundlagen
des Prompting verstehen,
damit sie die richtigen Fragen richtig stellen und damit ihre Produktivität durch KI-Einsatz steigern - IT-(affine) Mitarbeiter in agilen Teams die aus Business Use Cases konkrete Lösungen erarbeiten, sollten die KI-Dienste und Tools kennen, um diese in bestehenden oder neuen Anwendungen einsetzen und bis zu einem gewissen Grad auch eigenen Code schreiben können.
- Mitarbeiter, die generative KI für ihre
Arbeit nutzen, sollten Grundlagen
des Prompting verstehen,
2: Anwendungsfelder explorieren
Bewerten Sie Möglichkeiten des KI-Einsatzes aus technischer und Business Sicht:
- Identifizieren Sie die Geschäftsbereiche und
Prozesse, die die schnellsten bzw. größten ROIs für den Einsatz von KI
versprechen. Definieren Sie geeignete Use Cases. Orientieren Sie sich dazu bspw.
an
- Trendberichten von Marktbeobachtern wie McKinsey oder Gartner, die großes Potential für den Einsatz generativer KI in den Bereichen „Marketing / Sales", „Produktion" und „Software Engineering" sehen.
- Möglichkeiten der Azure KI-Dienste (s.a. Übersicht im Anhang) – beispielsweise für das automatische Einlesen von Rechnungsbeträgen in der Buchhaltung, Bildauswertung und Mustererkennung in der QS, etc.
- Datenmodell:
Prüfen Sie,
- welche Datenquellen Ihnen in welcher Aktualität und Qualität zur Verfügung stehen.
- welche ergänzenden Datenquellen Sie integrieren könn(t)en.
Planen Sie dabei auch Datenfluss und -sicherheit der Datenbasis (insbesondere bei Live-Datenströmen).
- Entwickeln
Sie transformative Use Cases gemeinsam mit Ihren Business und IT Kollegen. Starten Sie in jedem Geschäftsbereich mit
einem Team aus IT- und Fachbereichs-Experten, um Use Cases zu definieren, die Ihnen
helfen, sich mit den Möglichkeiten der Technologie und Tools sowie agilem
Vorgehen vertraut zu machen.
3: Transformationsprozess planen und steuern
Eine KI-Transformation benötigt einen programmatischen Ansatz (Purpose, Prioritäten, Road Map, Verantwortlichkeiten, Reviews):
- Berücksichtigen Sie die Kompetenzen Ihres Teams: Mehr als bei anderen Transformationen hängt eine erfolgreiche KI-Reise von den Fähigkeiten, der Flexibilität und der Komfortzone Ihres Teams ab. Auf die Ängste Ihrer Mitarbeitenden einzugehen, die Weiterbildung zu erleichtern und die richtige Umgebung für den Erfolg von KI-Talenten zu schaffen, ist daher essenziell.
- Effiziente Umsetzung mit "Cloud Mindset": Klagen Sie nicht über technische, rechtliche oder finanzielle Hürden. Setzen Sie Ihr Konzept trotz aller Hindernisse geduldig und systematisch um. Denken Sie in Ökosystemen. Anwendungen mit künstlicher Intelligenz baut man nicht alleine – sondern greift auf existierende Modelle und eine sinnvolle cloudbasierte Lösungs-Architektur zurück.
- Langfristige Bereitstellung notwendiger Ressourcen: Quick-wins von KI-Pilotprojekten haben eine motivierende Signalwirkung. Die Erstellung einer Roadmap für KI-Geschäftsszenarien hilft Ihnen aber bei der nachhaltigen Umsetzung und beim reibungslosen Betrieb. Bereiten Sie sich auch auf Herausforderungen bei der Skalierung einer KI-Lösung in Bezug auf Datenhaltung, Cloud-Infrastruktur, sowie technisches Fachwissen vor und automatisieren Sie mit KI Operations auch die Überwachung des laufenden IT-Betriebs.
Interim Manager, die bereits mehrere Transformationsprojekte erfolgreich begleitet und entsprechende Kulturen der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit über Zeiträume von 6-24 Monaten aktiv mitgestaltet haben, sind erfahrene Change Agents.
Durch „Leading by Example" können sie als Katalysatoren in Ihren KI-Initiativen und Pilotprojekten wirken.
Weiterführende Veröffentlichungen
- Gartner: Was ist künstliche Intelligenz?
www.gartner.com/en/topics/artificial-intelligence - McKinsey: KI-Analysen und Strategie-Empfehlungen
www.mckinsey.com/capabilities/quantumblack/our-insights - Verbessern Sie Ihr „Prompting": Stellen Sie ChatBots die „richtigen" Fragen
www.promptingguide.ai - Microsoft: Informationen, Preise und Kundenprojekte zu Künstlicher Intelligenz bei Microsoft:
https://news.microsoft.com/de-de/features/infos-zu-kuenstlicher-intelligenz-bei-microsoft
https://azure.microsoft.com/de-de/pricing/details/cognitive-services - Weitere AI Trends, strateg. Frameworks, Fallstudien und Tools zur Entscheidungsunterstützung
https://www.boardofinnovation.com/ai-powered-innovation-creativity-design
https://ai.boardofinnovation.com - KI-Anwendung-Beispiele und Use Cases: Lassen Sie sich inspirieren
https://www.appliedai.de/news
https://www.appliedai.de/white-papers - McKinsey: 15 Charts zur Zukunft von Künstlicher Intelligenz
https://www.mckinsey.com/featured-insights/mckinsey-explainers/whats-the-future-of-generative-ai-an-early-view-in-15-charts
Anhang: Übersicht KI Dienste bei Microsoft
Microsoft bietet mit Azure KI Services eine Gruppe aus einzelnen cloudbasierten Diensten, die als Bausteine zum Erstellen anspruchsvoller, intelligenter Anwendungen verwendet werden können, um Daten zu überwachen, analysieren und Prozesse zu automatisieren.
https://learn.microsoft.com/de-de/azure/ai-services/what-are-ai-services:
Hinweis: Diese Übersicht ist exemplarisch auf MS Azure KI Services beschränkt (wegen der im Kontext M365 Cloud bereits als geklärt vermuteten Datenschutz-Fragen in EU-Unternehmen). Andere Anbieter wie Amazon und Google bieten funktional ähnliche Dienste, die als Cloud-Lösung auch über Schnittstellen kombiniert bzw. in digitale Dienste integriert werden können.
Michael Risch
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Kommentare 1
Vielen Dank für diesen kompetenten Überblick. Das Thema KI wird weiterhin völlig unterschätzt in weiten Kreisen, ich selbst habe mit drei Sparringspartnern schon 2018/19 durch Gründung des KI-HR-Labs (http://www.ki-hr-lab.com) für den Personalbereich auf die Trageweite der Veränderungen hingewiesen. Man predigt immer noch gegen Wände, aber der eine oder andere Riss in der Wand wird zum Glück erkennbar.