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KI or not be? – Bestandsaufnahme und Ausblick zum Einsatz Künstlicher Intelligenz in Unternehmen (Teil 1/2)
Wenige Tage nach der Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg wird Bundesarbeitsminister Hubertus Heil Anfang September 2023 mit den Worten zitiert "spätestens 2035 wird es keinen Arbeitsplatz mehr geben, der nichts mit KI-Anwendungen zu tun hat. (…) Wir werden in Deutschland versuchen, KI auf die Straße zu bringen". Die Menschen fragten sich, was KI mit ihrer Arbeit mache. Unternehmen sollten sich fragen, wie sie diese Technologie nicht nur für den Erhalt sondern auch für Auf- und Ausbau ihrer Wettbewerbsvorteile nutzen können.
Grund genug für eine Bestandsaufnahme.
ChatGPT als HEUREKA-Moment künstlicher Intelligenz (KI)
ChatGPT-3 hat seit seiner kostenfreien Bereitstellung für die Öffentlichkeit am 30. November 2022 ein rasantes Wachstum zu verzeichnen. Bereits 5 Tage später hatten sich weltweit eine Million Nutzer angemeldet – Ende Januar 2023 waren es bereits über 100 Mio. Nutzer – obwohl weder ChatGPT-3 noch die im März 2023 erschienene ChatGPT-4 Basisversion mit dem Internet verbunden ist. Erstmals können Laien auch ohne Computer- oder Programmier-Kenntnisse mit KI interagieren, weil die Browser-Version und Spracheingabe ähnlich wie etablierte Google-Suchen oder WhatsApp-Chats funktioniert (wikipedia.org).
Das Medienecho war enorm – und mitunter auch irritierend:
(1) Künstliche Intelligenz wurde und wird teilweise immer noch mit ChatGPT gleichgesetzt, obwohl es sich bei dem Chatbot um ein Large Language Model (LLM) handelt, das auch in anderen Diensten Anwendung findet
(2) Selbst seriöse Medien experimentierten mit unseriösen prompts (garbage in – garbage out) und versuchten, damit den Beweis zu führen, dass Künstliche Intelligenz den Menschen (noch) nicht ersetzen könne.
(3) Teilweise wurde mit Verweis auf die Vertraulichkeit von Firmen- und Kundendaten die Anwendung künstlicher Intelligenz zur Entscheidungsfindung in Unternehmen sogar kategorisch ausgeschlossen.
(4) Andererseits wird beispielsweise der Einsatz von KI-Anwendungen am OLG Stuttgart bei der Systematisierung nach wiederkehrenden Merkmalen als "wesentlicher Meilenstein auf dem Weg zur digitalen Justiz" gefeiert. Künstliche Intelligenz identifiziert die relevanten Schadenssummen und andere wiederkehrende Eckdaten in den mehr als 13.000, jeweils über 100 Seiten langen, Diesel-Klageschriften und überführt diese automatisiert in Tabellen.
Kurz: die Facetten der „Natur" von künstlicher Intelligenz und ChatGPT wurde nicht immer objektiv dargestellt. Zu groß war der Sprung der mit ChatGPT erlebbaren KI-Fähigkeiten, die seit 1955 unter dem Begriff "Künstliche Intelligenz" zusammengefasst werden:
- Mustererkennung, wozu auch Spracherkennung und Handschrifterkennung zählen
- Wissensmodellierung einschließlich Logischer Programmierung und Inferenzmaschinen
- Expertensysteme, Frage-Antwort-Systeme und Chatbots
- Maschinelles Lernen
- Künstliche neuronale Netze und Deep Learning
- Computer Vision
- Robotik
- Universelle Spieleprogramme
Betrachtet man das Thema aus Nutzerperspektive differenzierter, wird anhand einer Statista-Umfrage deutlich, dass KI-Services bereits im September 2020 von vielen Bürger und Unternehmen im Alltag genutzt und akzeptiert wurden:
Blickt man 2023 in die Zukunft, so findet man den Hype Cycle™ für Künstliche Intelligenz (KI) der IT-Analysten von Gartner. Dieser identifiziert unverzichtbare Innovationen in der KI-Technologie, die teilweise weit über die bereits verwendeten alltäglichen KI Anwendungen hinausgehen:
Afraz Jaffri, Director Analyst bei Gartner, fasst die Ergebnisse zusammen: „Bemerkenswert ist, dass der KI-Hype-Zyklus voller Innovationen ist, von denen erwartet wird, dass sie große oder sogar transformative Vorteile mit sich bringen". Er empfiehlt Unternehmen deshalb, nicht darauf zu setzen, dass Künstliche Intelligenz nach dem aktuellen medialen Hype wieder an Bedeutung verliert. Vielmehr sollten sie heute schon besondere Aufmerksamkeit auf Innovationen richten, die sich in zwei bis fünf Jahren im Mainstream durchsetzen werden.
Einsatz von KI in Unternehmen: Wer das Warum kennt, kann auch mit dem Wie leben …
Friedrich Nitzsche hatte vor 135 Jahren als er seine „Götzendämmerung" schrieb sicher noch nicht den Einsatz künstlicher Intelligenz in Unternehmen im Sinn. Dennoch ist gerade in dynamischen Zeiten die Orientierung (der "purpose") wichtig, um auf dem Weg in die Zukunft mit erst noch entstehenden Möglichkeiten experimentieren und auf aktuelle Entwicklungen reagieren zu können.
Die Herausforderung für die Entwicklung innovativer digitaler Dienstleistungen liegt dabei nicht nur auf technischer Seite, sondern auch im Mindset. So reduzieren cloudbasierte Dienste die Wertschöpfungstiefe und damit die Eintrittsbarrieren für start-ups oder neue Marktteilnehmer aus anderen Branchen erheblich, indem sie die Integration von Diensten und Datenmodelle von Drittanbietern erleichtern. Andererseits gewinnen in solchen digitalen Ökosystemen ("Wertschöpfungskette" beschreibt den Leistungserstellungsprozess immer weniger treffend) Fragen der Beeinflussbarkeit und Verantwortlichkeit für IT-Security und Verfügbarkeit der integrierten Servicedienste an Bedeutung.
Warum sollten sich Unternehmen heute mit KI auseinandersetzen?
Nicht nur Regierungspolitiker betonen die Bedeutung Künstlicher Intelligenz für die aktuelle und zukünftige Wettbewerbsfähigkeit. Auch Studien von Consultants und Marktbeobachtern zeigen, dass Künstliche Intelligenz bereits heute einen wichtigen Differenziator darstellt, dessen Bedeutung für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit weiter zunehmen wird.
Der (fast kosten-) freie Zugang von Unternehmen zu KI-Technologien über Cloud-Services wie ChatGPT oder Microsoft's Azure OpenAI bzw. Azure Cognitive Services* stellt inzwischen weder finanziell noch materiell (Stichwort "Infrastructure Legacy") eine substanzielle Eintrittsbarriere dar. Azure OpenAI Service ist ein Ergebnis der Partnerschaft zwischen Microsoft und OpenAI (auf vergleichbare Wettbewerber-Produkte - u.a. Google Vertex AI oder Amazon AWS Bedrock - soll hier nicht näher eingegangen werden).
Microsoft's Azure Open AI besteht aus vier Komponenten, die Funktionen von Azure und generative KI-Modelle von OpenAI kombinieren:
- Vortrainierte generative KI-Modelle (detaillierte Übersicht der verfügbaren Azure KI Dienste im Anhang)
- Anpassungsfunktionen und die Möglichkeit, KI-Modelle mit eigenen Daten zu optimieren
- Integrierte Tools zum Erkennen und Entschärfen schädlicher Anwendungsfälle
- IT-Sicherheit gem. aktuellen Unternehmensstandards: Role-Based Access Control (RBAC) und Beschränkung auf private Netzwerke, die in Azure KI eine Filterung nach regionaler Verfügbarkeit und Inhalten ermöglichen.
Die zentrale Frage lautet daher nicht ob, sondern wie KI-Algorithmen und Anwendungen in die eigenen Produkte und Prozesse integriert werden können.
Lesen Sie dazu mehr im 2. Teil dieses Blog-Beitrags.
Michael Risch
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* Ab Juli 2023 umfasst Azure KI Services alle bisher als Cognitive Services und Azure Applied AI Services bezeichneten Dienste.
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