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Case-Studies und Blogbeiträge von professionellen Interim Managern und Interim Managerinnen

Automotive-Zulieferer: Change Management in der Praxis

Branche: Verarbeitende Industrie – (Automobil-Zulieferer) Herstellung von Kunststoff (Spritzgusstechnologie)

Funktion: Technik/Produktion (Werkleiter)

Thema: Restrukturierung und Schließung, Change Management

Umsatz: ca. 50 Mio. Euro p.a.

Mitarbeiter: ca. 500

Ausgangslage:

In dieser Fallstudie wird eine Unternehmenssituation dargestellt, welche sich in unterschiedlich starker Ausprägung immer wieder in einer Reihe von Unternehmen antreffen lässt. Insbesondere, wenn ein starkes Wachstum die Organisation und Struktur fordert bzw. überfordert. Das Unternehmen der Automobil-Zulieferindustrie (Tier 1), Hersteller von Kunststoffspritzteilen für Interieur und Exterieur, konnte innerhalb von 2 Jahren den Umsatz um 50% auf ca. 55 Mio. Euro steigern.

Die Belegschaft, insbesondere im direkten Bereich, wuchs in diesem Zeitraum auf nahezu 500 Beschäftigte. Um das Umsatzwachstum zu realisieren, wurde massiv in den Maschinenpark (im wesentlichen Spritzgussmaschinen) investiert. Aufgrund der Lage in den „Neuen Bundesländern" wurden diese Investitionen positiv unterstützt durch umfangreiche Fördermittel.

Zu den Kunden zählen alle namhaften europäischen OEMs. Durch die Nähe zu einem der größten Kunden konnten anspruchsvolle Logistiklösungen (JIT / JIS) vereinbar werden.

Gleichermaßen befand sich das Unternehmen im starken Wettbewerb um Arbeitskräfte, insbesondere um gut ausgebildete Arbeitskräfte und Facharbeiter.

Unternehmensgeschichte und Hintergrund

Bis 1989 wurden am Stammsitz des Unternehmens Kunststoffartikel für die Konsumgüterindustrie und deren Export produziert. Prägend war ein niedriger Mechanisierungs- und Automatisierungsgrad.

Nach 1989 Erwerb des Standorts und Unternehmens durch eine Private Equity-Gesellschaft und einen Privatinvestor. Es wurden massive Investitionen in Maschinen und Gebäude realisiert, der Maschinenpark wuchs von 30 Spritzgussmaschinen auf über 100.

Wertschöpfende Prozesse wurden integriert wie z.B. Dekorlackieren, Beflocken und Montage von einbaufertigen Komponenten.

Die Mitarbeiteranzahl am Stammsitz verdoppelte sich nahezu, der Anteil von Zeitarbeitnehmern und Leiharbeitskräften stieg überproportional.

Aufgrund der Fokussierung auf das operative Wachstum wurden die Prozesse und Strukturen aus den Augen verloren, die Organisation hielt mit der Entwicklung nicht Schritt.

Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen konnten nicht in dem Maße umgesetzt werden, dass auch nicht ausgebildete Beschäftigte höherwertige Arbeitsaufgaben erfüllen konnten.

Problemstellung / Herausforderungen

Das Unternehmen hatte gegen starke Wettbewerber mehrere Neuprojekte bei mehreren OEMs akquiriert, auch unter Inkaufnahme niedrigerer Margen. Diese Neuprojekte mussten in einem sehr kurzen Zeitraum von weniger als einem Jahr erfolgreich zur Serie gebracht werden.

Die Situation im Unternehmen war gekennzeichnet durch organisatorische, strukturelle und fachliche Defizite.

Die sichtbaren und finanziell messbaren Auswirkungen waren im wesentlichen:

  • Hohe Ausschussraten im Produktionsprozess, teilweise bis zu 75% (Somit hohe Ausschusskosten)
  • Hohe Nacharbeitsquoten aufgrund vernachlässigter Werkzeuge (Somit hohe Nacharbeitskosten)
  • Hohe Sperrlagerbestände und Verschrottungskosten
  • Anmietung zusätzlicher externer Lagerkapazitäten
  • Massive Lieferrückstände
  • Seitens der Kunden deutliche Verschlechterung des Rankings und Gefahr der Nichtberücksichtigung bei zukünftigen Neuausschreibungen

Diese multiplen Einflüsse hatten eine kontinuierliche Ergebnisverschlechterung zur Folge, der Standort geriet in eine wirtschaftlich existenzbedrohende Schieflage.

Analyse und Daten

Die Unternehmensprozesse und Strukturen wurden einer eingehenden Ist-Analyse unterzogen. Hierzu zählte jeder Kernprozess und jeder operative Bereich entlang der gesamten Wertschöpfungskette (Vertrieb – Einkauf – Planung – Produktion – Logistik).

Gleichermaßen ergab sich ein Bild der Unternehmens- und Fehlerkultur.

Die Abweichungen wurden messbar gemacht, sowohl qualitativ als auch quantitativ.

Unter anderem traten zutage:

Lösungsvorschläge

Wesentlicher Erfolgsfaktor war, Transparenz zu schaffen, und zwar faktenbasiert und prozessorientiert. Grundlegend erforderlich war eine intensive, persönliche Kommunikation seitens des Managements und der Führungskräfte.

Die Einführung von „leicht" verständlichen Kennzahlen und einer allgemein leicht verständlichen Visualisierung war die Basis, um alle Beschäftigten zu sensibilisieren und zu unmittelbar Beteiligten zu machen.

Die standortweite Einführung von Lean Management Methoden sowie das aktive Einbinden aller operativen Verantwortungsebenen unterstützten die Priorisierung bereichsbezogener Maßnahmen- und Umsetzungsaktivitäten.

Empfehlungen

Grundsätzlich ist eine offene Kommunikation mit allen Beteiligten notwendig und kann der Schlüssel für einen erfolgreichen Changeprozess sein.

Wichtig ist, Transparenz zu schaffen mit nachvollziehbaren und verständlichen Beispielen.

Ein Erfolgsfaktor ist, auch positive Kundenrückmeldungen zu kommunizieren, gleichwohl es auch vertrauensbildend ist, negative Kundenrückmeldungen zeitnah zu kommunizieren.

Durch eine transparente, offene Kommunikation kann es möglich werden, die Unternehmenskultur und das Problembewusstsein der Beschäftigten und des Managements nachhaltig positiv zu verändern.

Umsetzungsplan

Nach erfolgter Ist-Analyse und eines gemeinsam verabschiedeten Umsetzungsplan starteten in allen betroffenen Bereichen die priorisierten Umsetzungsschritte.

Ein wöchentliches Update mit den jeweiligen Fortschritten war hilfreich, frühzeitig aktiv auf Abweichungen zu reagieren und bei Bedarf Aktivitäten und Maßnahmen zu modifizieren.

Der Fortschritt wurde mit Hilfe der zuvor eingeführten Kennzahlen (z.B. Ausschussquote / Produktivität) transparent allen Beschäftigten kommuniziert.

Bewertung der Ergebnisse

Nach 6 Monaten konnten eine Reihe von Umsetzungsmaßnahmen erfolgreich zum Abschluss gebracht werden. Zu berücksichtigen waren im Zuge der eingeleiteten Aktivitäten die nach wie vor parallel zu bewältigenden Produktneuanläufe, die termingerecht umgesetzt werden konnten.

Wesentliche Ergebnisse nach diesen 6 Monaten waren unter anderem:

Schlussfolgerung

Eine offene, faktenbasierte, transparente Kommunikation zu Prozessschwächen ist ein Schlüsselelement für ein erfolgreiches Change-Management.

Die kontinuierliche, aktuelle Visualisierung von leicht verständlichen Kennzahlen kann diesen Change-Prozess auf allen Unternehmensebenen nachhaltig fördern und unterstützen. 

Karsten Dittmann
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