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Praktische Aspekte der Digitalisierung im HR-Bereich - Teil 2
Wie im ersten Teil erwähnt, möchte ich in diesem zweiten Teil noch auf weitere Aspekte der Digitalisierung im HR-Bereich eingehen:
3. Flexibilität, Geschwindigkeit und langfristige Planung
Im Vergleich zu früheren Jahren ist die heutige Arbeitswelt von einem immer steigenden Termindruck und einer sehr kurzfristigen Orientierung geprägt. Das wird sicher auch durch den technologischen Fortschritt und die ständige Erreichbarkeit begünstigt. So sinkt auch die erwartete Reaktionszeit: man erwartet immer mehr, dass der Kommunikationspartner „sofort" z.B. auf eine Nachricht reagieren muss.
Auch der Verbleib in einer Firma oder der Position ist wesentlich kürzer. Früher war oft das Ziel vieler Mitarbeiter, einen „Job fürs Leben" zu finden. Heute ist das anders. Viele, vor allem jüngere, Mitarbeiter suchen auch die Abwechslung und wählen bewusst berufliche Entwicklungen, in denen sie viele neue Erfahrungen machen und Neues lernen können.
Die Situation am Markt und die u.a. technologische Entwicklung führen oft dazu, dass auch eine langfristige Strategie und Planung in vielen Bereichen schwer bis unmöglich sind.
Herausforderungen aus HR-Sicht
Für das HR-Management stellt sich in diesem Zusammenhang einerseits die Frage, wie man den internen Kunden bei der schnellen Anpassung unterstützen kann, andererseits bedeutet es auch, dass die eigenen Prozesse schnell und agil sein müssen.
Ein konkretes Themenfeld ist z.B. die Qualifikation der Mitarbeiter: Hier stellt sich die Herausforderung, dass Mitarbeiter schnell für bestimmte Themen qualifiziert werden müssen. Aber man weiß auch, dass dieses Wissen schnell wieder veraltet und von neuen Herausforderungen abgelöst sein wird. Das führt auch zur Notwendigkeit, den wirtschaftlichen Nutzen einer Ausbildung neu zu bewerten.
Ein ebenso wichtiger Aspekt für HR ist die Frage der „Karriere" oder beruflichen Entwicklung. In der Vergangenheit waren diese Konzepte davon geprägt, dass die Mitarbeiter lange im Unternehmen blieben, sich oft horizontal von Stufe zu Stufe entwickelten und zumindest beruflich in einem inhaltlich verwandten Gebiet blieben Es gab zwar Ausnahmen, wo bewusst inhaltliche „Brüche" geplant wurden, aber das war in den seltensten Fällen die Regel und oft sowohl für den Mitarbeiter als auch für das Unternehmen ein gewagter Schritt, der auch im sozialen Umfeld meistens kritisch diskutiert wurde.
Verbunden damit ist die Frage der Vergütung. Früher war es so, dass eine Steigerung der Vergütung oft an das Alter und die Zeit der beruflichen Entwicklung im Unternehmen oder in der Stelle gekoppelt waren.
Heute stellt sich die Situation in vielen Unternehmen so dar, dass es flachere Strukturen gibt, d.h. die Mitarbeiter entwickeln sich auch horizontal z.B. durch Projekte oder interimistische Tätigkeiten. Auch bleiben viele Mitarbeiter nur im Unternehmen, wenn es berufliche Laufbahnen in andere Tätigkeitsbereiche oder mit z.B. Auslandsaufenthalt gibt.
Das führt dazu, dass die klassischen, langfristig orientierten Karrierelaufbahnen und Vergütungs-Modelle völlig überarbeitet werden müssen. In diesem Zusammenhang ist die Frage des Wissensmanagements kritisch. D.h. wie dokumentiere ich das Wissen und die Erfahrungen der Mitarbeiter und wie arbeite ich einen Nachfolger ein, wenn der Mitarbeiter den Job verlässt. Das Thema ist nicht neu, aufgrund der Geschwindigkeit gewinnt es aber an Bedeutung.
Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist aber, dass es in jedem Unternehmen Mitarbeiter gibt, die mit dieser steigenden Geschwindigkeit und dem Veränderungsdruck nicht klarkommen oder das nicht wollen.
Hier stellt sich die Herausforderung, auch für diese Gruppe an Mitarbeitern eine wertschätzende und faire berufliche Laufbahn zu entwickeln
4. Technologie-Einsatz
HR hat zwei Komponenten: effiziente Prozesse und "people business". Für den ersten Teil gibt es immer wieder Bemühungen, diesen zu automatisieren oder an die Mitarbeiter und Führungskräfte zu delegieren. Ziel ist es natürlich, die Geschwindigkeit des Prozesses zu erhöhen, und gleichzeitig die Anzahl der Fehler und Kosten zu minimieren.
Durch den intelligenten Einsatz moderner Technologie kann man hier viele Ziele erreichen. Der Einsatz von Technologie führt aber auch dazu, dass die Prozesse unflexibler und entmenschlicht werden. Hierbei ist der "Interaktionspartner" bei Fragen oder Erledigungen kein Mensch mehr, sondern ein Serviceportal oder ein Wiki mit FAQs. Das mag für 95% aller Standard-Erledigungen gut funktionieren, es wird aber immer Ausnahme-Themen geben, wo früher jemand z.B. in der Lohnverrechnung oder ein Personalreferent auf Zuruf schnell und kundenorientiert helfen konnte. Das klappt nun nicht mehr. Die Prozesse sind automatisiert, die Personalverrechnung ist vielleicht ausgelagert. Jede Abweichung des Standardprozesses bedeutet, dass über ein Ticket eine Änderung in der Konfiguration des Tools gemacht werden muss. (Digitale) Technologie ist der Treiber für viele Unternehmensbereiche
Wichtig ist, dass durch den Transfer bisheriger analoger Prozesse in ein IT-Tool diese Prozesse nicht automatisch besser werden. Manchmal herrscht im HR-Bereich die Meinung „der Prozess funktioniert zwar nicht, aber wir führen das Tool XY ein, dann wird alles besser". Aus eigener Erfahrung muss ich Sie in diesem Zusammenhang enttäuschen. Der Prozess muss „analog" gut laufen, nur dann wir das auch digital so sein.
Herausforderungen aus HR-Sicht
Gerade in solch einer Situation steht das HR-Management vor der Herausforderung, die Funktionsweise der Prozesse zu gewährleisten und pragmatische Lösungen für Ausnahmen zu finden, ohne gleichzeitig die HR Business Partner (HRBP) zu überladen. Die HRBPs sollten eigentlich aus den operativen Prozessen herausgehalten werden. Da sie aber manchmal die letzten sind, die wirklich „in house" und greifbar sind, weiß ich aus eigener Erfahrung, dass viele operative Themen bei den HRBPs zur Lösung landen, vor allem in den ersten Monaten nach dem Start eines derartigen Modells.
Die HRBPS sind aber kritisch, sich auf den zweiten Aspekt von HR zu konzentrieren, die Betreuung der Manager in Fragen der Teamentwicklung und Unterstützung bei der Führung der Mitarbeiter. Hierbei spielen „softe Themen" eine kritische Rolle. Manchmal werden in der Umsetzung diese beiden Rollen vermischt. Das führt zwangsläufig zu einer unprofessionellen und fehlerhaften Umsetzung beider Aspekte und in weiterer Folge zu Frustration sowohl auf Seiten der Kunden (=Manager, Mitarbeiter) als auch auf Seiten der unterschiedlichen Rollen im HR-Bereich
Ich hoffe, daß ich mit diesem Beitrag einige Aspekte der Digitalisierung im HR-Umfeld beleuchten und Ihnen eine Hilfestellung geben konnte, falls Sie oder Ihre Firma in diese Richtung nachdenken.
Paul Stricker
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