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Anstand und Rückgrat – Was Personalpolitik in Zeiten von Trump und Dieselskandal bewirken kann...
Die Art und Weise, wie Donald Trump sichtbar die Demokratie beschädigt, hat einige seiner Getreuen jetzt dazu veranlasst, sich von ihm loszusagen. Genauso haben sich einige Mitarbeiter erst von den Machenschaften im Dieselskandal distanziert, als sie publik wurden und Empörung ausgelöst haben.
Weitaus mehr Trump-Getreue schielen weiter auf die Entwicklung der Machtverhältnisse bei den Republikanern, um ihre Karrierechancen für die Zukunft nicht zu beschädigen. Viele Mitarbeiter der am Dieselskandal beteiligten Konzerne halten sich mit Blick auf persönliche Karriereambitionen in ihrer Kritik am Betrug von Kunden und Umwelt auch heute noch zurück.
Beides irritiert mich. Ich erinnere mich daran, wie ich von meinem Chef aufgefordert wurde, den Cash-Flow des Unternehmens positiver darzustellen, als er tatsächlich war. Es gäbe sonst eine ungewollte „erklärungsbedürftige Differenz" zur Vergangenheit, weil der Fehler seit längerer Zeit bereits mitgeschleift wurde. Nach mehreren vergeblichen Überzeugungsversuchen teilte ich dem CFO des Unternehmens mit, dass die Zahlen falsch waren und mein Chef (sein Mitarbeiter) mich angehalten hatte, den Fehler nicht zu korrigieren. Das hat sich beileibe nicht wie eine Heldentat angefühlt. Ich hatte die Befürchtung, dass mein Chef mich rausschmeißen würde. Stattdessen wurde ich vom CFO kurz darauf befördert. Wiederum kurze Zeit später war mein alter Chef dann Geschichte ...
Was bringt Menschen dazu, persönliche Interessen vor Anstand und Rückgrat zu stellen? Warum können viele Menschen morgens in den Spiegel schauen, obwohl sie von solchen Problemen wissen oder vielleicht sogar an ihnen mitgewirkt haben, sie jedenfalls nach ihrer Kenntnisnahme nicht offen angesprochen haben? Ist es allein die gesellschaftliche und ökonomische Abhängigkeit von Individuen, Organisationen und Systemen, um vermeintlich überleben und den eigenen Lebensstandard sichern zu können?
Gute Personalpolitik kann das Problem selbstverständlich nicht komplett lösen. Aber sie kann – wenn Führungskräfte das wirklich wollen – durchaus einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dem entschlossen entgegenzuwirken. In der Politik wie in Unternehmen. Inwiefern?
(1) Vertrauenskultur schaffen heißt, Kritik empfangen und geben zu können, ohne Gefahr zu laufen, eins auf den Deckel zu bekommen. Für das System eines Tyrannen zu arbeiten, ist das Gegenteil davon und deswegen falsch. Gute Personalpolitik befördert eine Vertrauenskultur.
(2) Fehlerkultur schaffen bedeutet, Fehler machen zu dürfen und intensiv zu besprechen und daraus zu lernen, ohne Gefahr zu laufen, dafür gleich eins auf den Deckel zu bekommen. Für das System von Betrügern zu arbeiten, ist das Gegenteil davon und deswegen falsch. Gute Personalpolitik befördert eine Fehlerkultur.
(3) Konsequent handeln bedeutet, dass Menschen, die unethisch oder illegal unterwegs sind oder ihre Macht anderweitig missbrauchen, sichtbar und in der gesamten Organisation gut kommuniziert aus ihren Rollen entfernt werden. Für Systeme und Organisationen zu arbeiten, die Verhaltensweisen dieser Art dulden, ist das Gegenteil davon und deswegen falsch. Gute Personalpolitik befördert eine Vorbildkultur.
Natürlich sind Ambiguitätstoleranz und Flexibilität notwendig. Man legt ja oft nicht selbst fest, was richtig und was falsch ist. Natürlich trägt man Entscheidungen und Kompromisse mit, selbst wenn man sie für schwierig hält. Das ist Loyalität und Pflichtbewusstsein gegenüber einer Organisation. Das ist Demokratie. Auch das wird selbstverständlich durch gute Personalpolitik befördert.
Aber wenn es an die Grundfeste von Ethik, Moral und Recht geht, kann und darf es keinen Spielraum geben. Das muss benannt und offen angesprochen werden und geht noch weit über „Compliance" hinaus.
Wer sich in Systeme oder Organisationen einbringt, deren Geschäfts- und Führungspraktiken ethisch, moralisch und gesetzlich nicht über jeden Zweifel erhaben sind, wer sich in einem solchen System gefangen fühlt und nicht aktiv versucht, dem zu entfliehen, macht sich mitschuldig. Daran, dass sich im System nichts zum Positiven ändert und daran, dass sich weit über deren Einflussbereich hinaus das „Recht" von Tyrannen und Betrügern durchsetzt.
Udo Fichtner
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