UNITEDINTERIM Blog

Case-Studies und Blogbeiträge von professionellen Interim Managern und Interim Managerinnen

So kommen Unternehmen an Interim Manager: Eine kleine Geschichte der Vermittlung

„Interim Manager" gibt es im deutschen Sprachraum seit circa 40 Jahren.

In dieser Zeit haben sich die Inhalte gewandelt, für die Interim Manager und Mangerinnen gerufen werden. Standen am Anfang eher die Restrukturierung und Sanierung im Vordergrund, ist es heute eine vielfältige Mischung an Themen.

Nach der aktuellen AIMP-Studie (2019) geht es vor allem um klassische Projektarbeit (29%), die Überbrückungen bei Vakanzen (23%) und um Unterstützung bei Change-Prozessen (20%). Die Hitliste der Einsatzbereiche umfasst die Funktionen Personal (HR), Finanzen, Produktion / Technik, Geschäftsführung, Einkauf, IT, Qualitätsmanagement und Logistik.

Alle technischen und kaufmännischen Aufgabenstellungen sind dabei: Für das Inland und auch für das Ausland.

Die Studie belegt den Trend, dass – wie in anderen Wirtschaftsbereichen - Digitalisierung und Internationalisierung auch den Markt für Interim Manager signifikant prägen werden.

Interessant ist zudem, dass Internetplattformen eine zunehmende Bedeutung darüber zugeschrieben wird, wie Angebot und Nachfrage zusammenkommen.

Von Interim Management 1.0 bis Interim Management 4.0

Um eine Entwicklung aufzuzeigen, hat sich im Bereich der Industrie das Schema „Punkt Null" (z.B. Industrie 4.0) bewährt. In dieser Analogie möchte ich die folgende „kleine Geschichte der Vermittlung von Interim Managern" erzählen:

1. Interim Management 1.0 – 1979 bis 2010: Erste Vermittler – als „Provider" bezeichnet – entstehen. Ihre Geschäftsbasis besteht im Aufbau und der Pflege von „Pools". In der Praxis sind dies exklusive (proprietäre) Karteikästen mit abgehefteten CVs in Papierform. Ablauf: Ein Kunde kommt mit einer Anfrage zu diesem Provider. Letzterer stellt dann einen Kontakt zu einem oder mehreren Interim Managern aus dem Pool her. Es bestehen zwei Vertragsmodelle: Holländisches und angelsächsisches. Der Kunde zahlt im Erfolgsfall eine Provision an den Vermittler. Ein solches vollkommen analoges Vermittler-Modell ist heute nicht mehr existent.

2. Interim Management 2.0 – 2003 bis heute: Die Anzahl der Provider ist auf >100 (Mitte 2019) angestiegen. Einige wenige Provider aus (1) haben sich in diese Kategorie entwickelt. Neue sind hinzugekommen, von denen einige zudem auch noch in der Personalberatung oder Unternehmensberatung tätig sind (Interim Management als Kerngeschäft oder Zusatzgeschäft). All diese Provider betreiben inzwischen exklusive (proprietäre) Poolsysteme mit digital gespeicherten CVs. Ablauf und Vertragsmodell wie oben bei (1). Beispiele: Mitglieder AIMP.

3. Interim Management 3.0 – Ab 2003 – mehrheitlich jedoch erst ab 2015: Erste exklusive (proprietäre) digitale Poolysteme erlauben es Kunden, in den Pools von Vermittlern selbst zu suchen.Die Vermittler erstellen dafür eigene Online-Plattformen (digitale Insellösungen), die sich auf die Abbildung von CVs beschränken (Stand: Mitte 2019). Der Kontakt mit dem Interim Manager läuft weiterhin über den Vermittler. Wie oben bei (1) und (2) bestehen zwei Vertragsmodelle: Holländisches und angelsächsisches. Der Kunde zahlt im Erfolgsfall eine Provision an den Vermittler. Beispiele: MANATNET, interim-x, expertence.

4. Interim Management 4.0 – Ab 2017: Es entstehen offene digitale Systeme, die als Online-Plattform auf Interim Management spezialisiert sind. Kunden und Interim Manager können direkt miteinander in Kontakt treten. Die offen gestaltete Plattform sichert jedoch die Qualität der Interim Manager, die von Kunden gefunden werden können und kuratiert die dort präsentierten Inhalte. Potentielle Kunden finden weit mehr als nur einen klassischen CV: Video der Interim Manager, Ergebnisse eines Diagnostic Tools zu ihrer Persönlichkeit (PSA) sowie ausführliche Case Studies zu Referenzprojekten. Gleichzeitig unterstützt die Plattform mit ihrer Hebelwirkung die Sichtbarkeit und Vernetzung der Interim Managers in der digitalen Welt (Förderung von digitaler Vernetzung statt Insellösung wie oben unter 3), z.B. durch Blogs und Bewerbung in Medien wie Twitter. Finden sich Angebot und Nachfrage, wird ein Direktvertrag abgeschlossen. Keine Seite zahlt ein Honorar oder Provision an die Plattform. Die Plattform lebt von einer Flatrate der Interim Manager für Präsenz auf der Plattform. Beispiel: UNITEDINTERIM. Der „Vermittler" wird zum „Betreiber digitaler Infrastruktur".

Heute: Ein Blick auf den Kunden und seine Beschaffungsprozesse

Im Zeitalter des Interim Management 4.0 werden Kunden immer digitaler. In allen Bereichen des Unternehmens halten (zunehmend) digitale Prozesse Einzug: Im Einkauf, in der Technik und Produktion, im Finanzbereich, im Marketing & Vertrieb, im Personalbereich. Entsprechend wenden sich Unternehmen in der Beschaffung von Personal - und damit auch von Interim Managern -zunehmend digitalen Plattformen zu. Gerade im Segment des Interim Managements muss eine solche Plattform jedoch qualitativ hochwertig sein. Unternehmen suchen dort nach geeigneten Kandidaten und laden dann die Kandidaten in der engeren Wahl zu einem persönlichen Kennenlernen ein. Das „Digitale" dient also zur Beschleunigung der ersten Stufen des Auswahl- und Entscheidungsprozesses. Keinesfalls ersetzt es die persönliche Ebene (Interview) als wichtiges Entscheidungskriterium, das im Rahmen der Projektvergabe an einen bestimmten Kandidaten von ausschlaggebender Bedeutung bleibt.

Hinzu kommt, dass Entscheider in jedem Fall die Kandidaten der engeren Wahl googeln. Es ist daher eminent wichtig, dass von jedem Interim Manager relevante Inhalte (Content) im Web zu finden sind, welche die Positionierung stützen und den Wertschöpfungsbeitrag des Interim Managers untermauern.

Anbieter von Interim Management 4.0 sind daher spezialisierte („vertikale") und zugleich offene Plattformen. Sie gleichen bildlich gesprochen einem Shopping-Center: Potentielle Kunden (Unternehmen) können dort 24 Stunden / 7 Tage in der Woche / 365 Tage im Jahr unterwegs sein. Sie können sich in aller Ruhe und in aller Tiefe eine sehr breites Spektrum an Interim Managern anschauen.

Wichtig für die Besonderheit der Dienstleistung Interim Management: Jeder („im Shopping-Center anbietende") Interim Manager ist durch die Plattform qualitätsgesichert. Die angebotene Leistung und Eignung für bestimmte Aufgabenstellungen wird umfangreich dokumentiert: CV, Foto, Video, Diagnostic Tool zur Persönlichkeit und Case Studies. Kunden erhalten somit vielfältige und belastbare Informationen zu allen relevanten Dimensionen: Fachliche Eignung, kulturelle Passung und Persönlichkeit. Die hinterlegten Case Studies geben darüber hinaus einen recht guten Eindruck davon, wie der Interim Manager in der Praxis arbeitet. Wer dann den Vorstellungen des Kunden entspricht, kann direkt und ohne jede Beteiligung der Plattformbetreiber kontaktiert werden. Alles Weitere ist dann Sache des Unternehmens und des Interim Managers.

Zum Finanziellen

Weil die Betreiber einer offenen Plattform keine Kontrolle darüber haben, was am Ende des Tages an Projekten zustande kommt, verzichten sie von vorn herein auf Erfolgs-Provisionen. Sie leben von einer Flatrate, welche ausschließlich von der Angebotsseite des Marktes, also von den registrierten Interim Managern, entrichtet wird. Um im Bild mit dem Shopping-Center zu bleiben: Der Betreiber des Shopping Centers macht sich ein Bild davon, wer anbieten möchte und vermietet nur an solche Leute, welche am Anfang und bei laufendem Geschäftsbetrieb den hohen Qualitätsansprüchen genügen. Die Interim Manager können einige Quadratmeter anmieten und präsentieren sich mit ihrer Marke, ihrem USP, ihrem Wertschöpfungsbeitrag und den entsprechenden Nachweisen. Ein solches Shopping Center-Modell ist für alle Seiten enorm effektiv und spart Zeit und Kosten.

Ein „Mittelsmann" wird damit natürlich aus dem Geschäft genommen. Das freut den Geldbeutel der Interim Manager, können sie doch einen höheren Tagessatz für sich selbst realisieren. Und auch die Unternehmen sparen einen Teil der Provision eines Vermittlers. Die Akzeptanz auf Seiten der Unternehmen ist jedoch nur solange gegeben, wie die Qualitätssicherung der Plattform stimmt. „Quality in – Quality out" ist also das Motto. Oder auch „Klasse statt Masse". Die Plattformbetreiber sind daher massiv gefordert, in Sachen Qualität nachweislich zu investieren und zu dokumentieren.

Das Ende der Area der Vermittlung?

Protagonisten von Interim Management 4.0 sind keine Vermittler bzw. Provider mehr. Sie ermöglichen natürlich, dass Interim Manager von Unternehmen gefunden werden, aber die Vermittlung ist nicht ihr Kerngeschäft, sondern das Bereitstellen der kompletten digitalen Infrastruktur mit Qualitätssicherung. Das Preismodell spiegelt dies wider, indem es auf ein Nutzungsentgelt statt auf ein Erfolgshonorar baut.

Eine solche Plattform ist zudem mehr: Sie ist ein starker zentraler Stützpfeiler für Interim Manager, den persönlichen Eigenvertrieb in der digitalen Welt anzukurbeln. Als Einzelkämpfer kann ein Interim Manager kaum noch die erforderliche Reichweite und Awareness bei seinen Zielgruppen erzielen. Hier dazu mehr. (Videos zum Thema „Wie kommen Interim Manager an Projekte auf digitalem Wege?). Manche Auguren läuten daher – mit zunehmender Bedeutung digitaler Vertriebskanäle – schon das Ende des klassischen Provider-Vermittlermodells (Interim Management 2.0 und 3.0) ein.

Auf der Basis meiner persönlichen Erfahrung im Interim Management seit 2003 denke ich jedoch: Projekte im Interim Management sind für Unternehmen überaus wichtig. Sie kosten viel Geld und erfordern Vertrauen in den Interim Manager. „Sicherheit" in die Lieferfähigkeit des Interim Managers – in seinen Wertschöpfungsbeitrag – ist von elementarer Bedeutung. Daher wird es auch in Zukunft weiterhin Unternehmen geben, welche die besondere Beratungskompetenz eines erfahrenen Providers und seinen Service schätzen.

Der zentrale Knackpunkt für Interim Management 4.0

Zum Abschluss eine Anmerkung aus Hunderten an persönlichen und digitalen Gesprächen / Chats zu diesem Thema. Immer wieder werde ich gefragt „Was ist der zentrale Knackpunkt für Interim Management 4.0?". Meine Meinung:

Viele der heutigen Entscheidungsträger beim Kunden - und vor allem die meisten der heutigen Interim Manager - sind in der klassischen analogen Welt groß geworden. Daher sind so gut wie alle höchst kompetent im Aufbau und in der Pflege von ANALOGEN Beziehungen. Jetzt ist angesagt, zu lernen, wie ZUSÄTZLICH die digitale Welt funktioniert – also parallel, denn die analoge Welt wird weiter existieren. Mein Eindruck: Hybride Qualifikationen und Kompetenzen sind die Zukunft. Stand noch vor wenigen Jahren im Interim Management das Expertentum und Wissen in einem Fachgebiet im Vordergrund, geht es zusätzlich immer mehr auch noch um die Themen Digitalisierung, Prozesse, Persönlichkeit und Kultur. Und alles wird immer internationaler.

Die Erschließung der digitalen Welt ist eine Frage der persönlichen Offenheit, von Neugier, der Bereitschaft, sich Neuem zu öffnen, Bewährtes und die damit verbundene Sicherheit hinter sich lassen zu können, mutig mit Unwägbarkeiten umgehen zu kommen, ständig zu lernen … und vielleicht auch scheinbar Gegensätzliches einfach einmal hinzunehmen und akzeptieren zu können … und dabei auch „Sinn" zu finden. Etliche dieser Themen finden sich in den Diskussionen zur VUCA-Welt. Das betrifft alle Seiten des Marktes: Die Kunden in der Rekrutierung von Interim Managern, die Interim Manager in ihrem Eigenvertrieb … und auch die Schaffer und Betreiber der entsprechenden digitalen Infrastruktur.

Da alles immer weiter gehen wird, wird auch diese heute - im August 2019 - erzählte „kleine Geschichte" irgendwann eine Fortsetzung finden. In diesem Sinne: Genießen Sie den Weg!

Dr. Harald Schönfeld - Geschäftsführender Gesellschafter UNITEDINTERIM GmbH

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Sonntag, 22. Dezember 2024

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