UNITEDINTERIM Blog

Case-Studies und Blogbeiträge von professionellen Interim Managern und Interim Managerinnen

Die Digitalisierung wird uns noch alle in den Wahnsinn treiben!

Jürgen Becker - UNITEDINTERIM

Es ist unübersehbar: Die Digitalisierung hat als Thema inzwischen auch die letzte Ecke in Deutschlang erreicht – unabhängig davon, ob an der Milchkanne in jener Ecke 5G verfügbar ist oder nicht.

Meine Aussage ist in keiner Weise despektierlich gemeint! Stattdessen möchte ich unterstreichen, dass das Thema inzwischen bei so gut wie jedermann und jederfrau angekommen ist. Das Thema wohlgemerkt! Mehr noch nicht!

Dem einher geht – vereinfacht gesagt – eine Berichterstattung in den Medien, die unserem Land in Sachen Digitalisierung den Hinterbänkler-Status attestiert: Knapp Ausreichend – Versetzung gefährdet!

Es ist somit nur folgerichtig, dass Interim Manager und Interim Managerinnen hier ein neues, attraktives Geschäftsfeld für sich wittern – und sich entsprechend positionieren.

Noch einmal folgerichtig ändern sie die Visitenkarten und in den eigenen USPs, hält das „Buzzword" Digitalisierung Einzug – und ersetzt vielfach die bisherigen Lieblinge „Change" und „Prozesse": Das lässt sich ganz eindeutig feststellen!

Nun ist ein „Buzzword" noch kein Leistungsnachweis. So ist eine eigene Website, die – so schätze ich – kaum die Hälfte der Interim Manager anbietet, heute sicher nicht mehr als ein Hygienefaktor denn eine Referenz für die eigene Digitalisierungskompetenz. Und aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Die allermeisten Interim Manager tun sich ausgesprochen schwer damit, die Frage zu beantworten: „Zeigen Sie mir doch bitte hier am Rechner, was Sie gemacht haben…!"

Wenn wir uns die Dienstleister im Interim-Business anschauen – immerhin ein knapp 2,5 Mrd. Euro Markt (Quelle: AIMP-Studie 2019): Dann zähle ich gerade mal 5 Menschen, denen ich eine tatsächlich nachgewiesene Digitalisierungskompetenz attestieren würde

Auf den Punkt gebracht, denke ich ganz persönlich (wie stets hat jeder das Recht, das anders zu sehen!): Hier klaffen Eigen- und Fremdbild ganz erheblich auseinander!

Auch wenn der Workshop „Digitalisierung" beim AIMP-Jahresforum im April mit – Achtung! – gerade mal einem Dutzend Teilnehmern sicher nicht repräsentativ gewesen ist, so hat er aus meiner Sicht die aktuelle Lage recht gut wiedergegeben:

Ein Interim Manager vertrat die Auffassung, Interim Manager seien perfekt dafür geeignet, die Digitalisierung der Unternehmen zu begleiten, weil sie [die Interim Manager] erfahren in Prozessen und Change-Management seien.

Ich habe die dagegen argumentiert:

„Interim Manager – nicht alle – sind tatsächlich auf diesen Feldern erfahren, jedoch lässt sich dies nicht so ohne Weiteres auf die Digitalisierung übertragen, weil Digitalisierung mit dem entsprechenden Denken beginnt. Und hier, im digitalen Denken, sind die derzeit am Markt tätigen Interim Manager auf gar keinen Fall Vorbilder. Gleiches gilt für den theoretischen Unterbau, auf den gerade Interim Manager auf den traditionellen Feldern gern verweisen, wenn sie sich als Methoden-sicher beschreiben.

Deshalb fürchte ich, dass die Unternehmen den allermeisten Interim Managern nicht die erforderliche Kompetenz für Digitalisierungsprojekte attestieren werden – solange, bis die nächste Generation der Interim Manager nachrücken wird."

[Anmerkung: In diesem Zusammenhang verweise ich auf den Mitschnitt des Webinars von Raphael Knuth „Wie kann ich mich als Interim Manager digital transformieren?"]

Da war natürlich Stimmung in Raum 4 auf Burg Schwarzenstein.

Wer aber konnte ahnen, dass der eigentliche Hammer noch kommen sollte, als eine – im Vergleich – auffallend junge Interim Managerin das Wort ergriff:

„Ich bin neu hier – und neu im Interim Management. Ich habe die letzten 10 Jahre in Silicon Valley verbracht – und wenn ich Ihnen hier so zuhöre, dann muss ich Ihnen sagen: Sie sind zehn Jahre zurück.

Selbst das Datenbank- und Pool-Thema wirkt veraltet, denn in den Staaten nutzen die Unternehmen Lösungen, die auf alles, wirklich alles im Web zugreifen. Auf diese Weise machen sich die Unternehmen ein Bild von Ihnen, bevor sie auch nur mit Ihnen reden – was die so genannten „Soft Skills" einschließt.

Und wenn Sie nicht da sind im Web, wenn die Unternehmen keine relevanten Informationen über Sie finden im Web, dann existieren Sie für die Unternehmen nicht."

Der eine oder andere litt plötzlich unter Schnappatmung…

Von fast 200 Teilnehmern an jenem Samstag haben das nur rund ein Dutzend Interim Manager und Managerinnen mitbekommen. Deutlich über 90 Prozent werden weiter in ihrer eigenen Komfortzone verweilen…

Zumindest ich bin doch recht nachdenklich heimgefahren.

Es hat mich daher nicht weiter überrascht, dass mir eine Interim Managerin in dieser Woche schrieb:

„Gestern sagte eine Dame bei einer Veranstaltung zur Digitalisierung zu mir:

‚Die Digitalisierung wird uns noch alle in den Wahnsinn treiben!'"


Jürgen Becker - UNITEDINTERIM

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Zuerst veröffentlicht am 10. Mai im MANATNET-Blog unter gleichem Titel

Was bringen dem Interim Manager „Vertikale “ vs. „...
Leadership vs. Management oder mir schwillt der Ka...
 

Kommentare 3

Gäste - Anselm Görres, ZMM am Samstag, 01. Juni 2019 14:04

Lieber Jürgen,

wir beide sehen das wohl ähnlich. Ich hoffe ich :gehöre zu den fünf Digitalisieren die Du nur kennst....: (;-
Hzl Anselm

Lieber Jürgen, wir beide sehen das wohl ähnlich. Ich hoffe ich :gehöre zu den fünf Digitalisieren die Du nur kennst....: (;- Hzl Anselm
admin am Donnerstag, 16. Mai 2019 09:36

Danke für Ihren ausführlichen Beitrag, Herr Menke.

Ich stimme Ihnen nur bedingt zu: Ich betrachte die Digitalisierung nicht als technisches Thema, sondern als ein Thema des Denkens und der Einstellung - denen dann die Technik folgen muss.

Auf der technischen Seite der Digitalisierung ist noch vieles zu tun: Ganz sicher! Aus meiner ganz persönlichen Sicht ist jedoch in der Digitalisierung auf der Seite des Denkens und der Einstellung noch erheblich mehr zu tun. Das können Sie ganz gut daran erkennen, wie viele Marktteilnehmer (auch Interim Manager) die krasse Frage stellen: "Angenommen, unser Geschäft gäbe es nicht und wir wollten es jetzt, heute, von Grund auf neu aufbauen: Was würden wir dann tun?"

Nochmals mein aufrichtiger Dank für Ihren Kommentar, Herr Menke!

Gruß

Jürgen Becker

Danke für Ihren ausführlichen Beitrag, Herr Menke. Ich stimme Ihnen nur bedingt zu: Ich betrachte die Digitalisierung nicht als technisches Thema, sondern als ein Thema des Denkens und der Einstellung - denen dann die Technik folgen muss. Auf der technischen Seite der Digitalisierung ist noch vieles zu tun: Ganz sicher! Aus meiner ganz persönlichen Sicht ist jedoch in der Digitalisierung auf der Seite des Denkens und der Einstellung noch erheblich mehr zu tun. Das können Sie ganz gut daran erkennen, wie viele Marktteilnehmer (auch Interim Manager) die krasse Frage stellen: "Angenommen, unser Geschäft gäbe es nicht und wir wollten es jetzt, heute, von Grund auf neu aufbauen: Was würden wir dann tun?" Nochmals mein aufrichtiger Dank für Ihren Kommentar, Herr Menke! Gruß Jürgen Becker
Christian Menke am Donnerstag, 16. Mai 2019 08:51

Hallo Herr Becker, liebe Kolleginnen und Kollegen,
zunächst vielen Dank, dass Sie dieses Thema erneut platzieren.

In der Diskussion darüber müssen wir, glaube ich, unterscheiden:

a) digitale Eigendarstellung des Interim Managers (gefunden werden)
b) digitale Kompetenz im Kundenunternehmen, jetzt und in Zukunft

Zu a) gibt es sicherlich vielfach Bedarf, aber - verzeihen Sie mir - nicht jede Methode oder Medium halte ich für geeignet. So auch z.B. nicht der Kanal YouTube, auch wenn's "in" ist.

Zu b) sind wir alle noch nicht unbedingt auf das eingerichtet, was die Zukunft bringen wird, Stichworte künstliche Intelligenz, Vernetzung aller am Geschäftsprozess Beteiligten. Dies auch, weil keineswegs klar ist, wie das funktionieren soll und welche Ressourcen mit welchen Skills gebraucht werden, um digitale Prozesse zu organisieren und, das wird meist vergessen in der Diskussion, laufend zu pflegen und zu unterhalten.

Die Diskussion im politischen Raum ist eher jämmerlich, aber auch z.B. die Softwareanbieter wie SAP tun das Ihrige zur Verwirrung/Vernebelung dazu, indem solche neuen Methoden nur sehr hübsch werbeseitig dargestellt werden und wenn man dahinter schaut, bleibt nur wenig mehr als heiße Luft, die den Eindruck beim Kunden/Anwender hinterlässt, er wird als Beta Tester gegen ein strammes Entgelt gebraucht/mißbraucht.

Und genau da sehe ich auch für den Einsatz von Interim Managern klaren Bedarf in den Unternehmen: mit erprobten Methoden und unserer breiten Erfahrung die "Spreu vom Weizen" trennen und IT-Wunschdenken und Praxis in nachhaltige Übereinstimmung bringen.

Keinem unserer Kundenunternehmen nutzt ein neues, noch so tolles, Werkzeug, wenn es denn überhaupt die Werbe-Versprechungen hält, das aber kein Beteiligter nach dem Einführungsprojekt mehr versteht, geschweige denn pflegen oder an veränderte Anforderungen anpassen kann.

Im Ergebnis starren alle nur noch auf bunte Bilder und fühlen sich eine Zeitlang zufrieden, müssen aber bald die Grenzen feststellen

Also das Machbare und das Nützliche klar einschätzen, im Dialog mit dem Kunden eine Lösung entwickeln und Prozesse und Systeme anpassen, sowie die Organisation in die Lage zu versetzen, solche Tools nachhaltig anzuwenden, darin sehe ich unsere Aufgabe in der Digitalisierung, schon im jetzt und hier.

Grüße
CM

Hallo Herr Becker, liebe Kolleginnen und Kollegen, zunächst vielen Dank, dass Sie dieses Thema erneut platzieren. In der Diskussion darüber müssen wir, glaube ich, unterscheiden: a) digitale Eigendarstellung des Interim Managers (gefunden werden) b) digitale Kompetenz im Kundenunternehmen, jetzt und in Zukunft Zu a) gibt es sicherlich vielfach Bedarf, aber - verzeihen Sie mir - nicht jede Methode oder Medium halte ich für geeignet. So auch z.B. nicht der Kanal YouTube, auch wenn's "in" ist. Zu b) sind wir alle noch nicht unbedingt auf das eingerichtet, was die Zukunft bringen wird, Stichworte künstliche Intelligenz, Vernetzung aller am Geschäftsprozess Beteiligten. Dies auch, weil keineswegs klar ist, wie das funktionieren soll und welche Ressourcen mit welchen Skills gebraucht werden, um digitale Prozesse zu organisieren und, das wird meist vergessen in der Diskussion, laufend zu pflegen und zu unterhalten. Die Diskussion im politischen Raum ist eher jämmerlich, aber auch z.B. die Softwareanbieter wie SAP tun das Ihrige zur Verwirrung/Vernebelung dazu, indem solche neuen Methoden nur sehr hübsch werbeseitig dargestellt werden und wenn man dahinter schaut, bleibt nur wenig mehr als heiße Luft, die den Eindruck beim Kunden/Anwender hinterlässt, er wird als Beta Tester gegen ein strammes Entgelt gebraucht/mißbraucht. Und genau da sehe ich auch für den Einsatz von Interim Managern klaren Bedarf in den Unternehmen: mit [u]erprobten[/u] Methoden und unserer breiten Erfahrung die "Spreu vom Weizen" trennen und IT-Wunschdenken und Praxis in nachhaltige Übereinstimmung bringen. Keinem unserer Kundenunternehmen nutzt ein neues, noch so tolles, Werkzeug, wenn es denn überhaupt die Werbe-Versprechungen hält, das aber kein Beteiligter nach dem Einführungsprojekt mehr versteht, geschweige denn pflegen oder an veränderte Anforderungen anpassen kann. Im Ergebnis starren alle nur noch auf bunte Bilder und fühlen sich eine Zeitlang zufrieden, müssen aber bald die Grenzen feststellen Also das Machbare und das Nützliche klar einschätzen, im Dialog mit dem Kunden eine Lösung entwickeln und Prozesse und Systeme anpassen, sowie die Organisation in die Lage zu versetzen, solche Tools nachhaltig anzuwenden, darin sehe ich unsere Aufgabe in der Digitalisierung, schon im jetzt und hier. Grüße CM
Dienstag, 03. Dezember 2024

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