Mit freundlicher Genehmigung von Herrn RA Bodo Blanke, Beisitzer des Vorstands des AIMP (Arbeitskreis Interim Management Provider) - verantwortlich für rechtliche Fragen
Hintergrund:
Aufgrund der aktuellen Diskussion bezüglich der Vertragsgestaltung von Interim Managereinsätzen (AÜG vs. Dienstvertrag) und um den Marktteilnehmern (Interim Manager, Klient, Provider) die Unsicherheiten in diesem Zusammenhang zu nehmen, hat der AIMP die nachfolgende Empfehlung ausgearbeitet.
Erläuterungen
1.Dienstleistungsvertrag vs. Arbeitnehmerüberlassung
Der Dienstleistungsvertrag ist die am besten geeignete Vertragsform für den Einsatz eines Interim Managers. Dieser Vertragstyp gibt dem Interim Manager die Freiheiten, die er braucht, um seinen Auftrag erfolgreich auszuführen. Ein Unternehmen beauftragt einen Interim Manager eine bestimmte Unternehmensfunktion zu übernehmen, die vor einer Herausforderung steht und die das Unternehmen mit eigenen Managementressourcen nicht lösen kann. Der Interim Manager bringt Wissen und Erfahrung mit, die dem Auftraggeber gerade selbst nicht zur Verfügung stehen. Um sein Wissen und seine Erfahrungen erfolgreich in die gewünschten Ergebnisse umzusetzen, braucht der Interim Manager die Freiheit, seine Arbeitszeit, seinen Einsatzort und seine Tätigkeit selbst zu bestimmen. Diese Freiheiten gibt ihm der Dienstleistungsvertrag.
1.1 Freie Vertragswahl
Die im Grundgesetz verankerte Privatautonomie gibt den Parteien des Interim Management Vertrages, die freie Vertragswahl. Der Interim-Management-Provider, der Auftraggeber für Interim Management und der Interim Manager dürfen ihre Zusammenarbeit durch einen Dienstleistungsvertrag regeln. Es ist herrschende Meinung unter den Rechtsexperten, dass der Dienstleistungsvertrag als Interim-Management-Vertrag zulässig ist. Es gibt keinen Vorrang für das Arbeitsrecht.
1.2 Unterschied zur Arbeitnehmerüberlassung
Bei der Arbeitnehmerüberlassung wird der Interim Manager vom Provider befristet eingestellt. Beide Parteien schließen einen befristeten Arbeitsvertrag. Dabei erhält der Provider anders als beim Dienstleistungsvertrag das disziplinarische Weisungsrecht über den Interim Manager. Der Provider darf bestimmen, wann, wo und was der Interim Manager arbeitet. Durch den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag gibt der Provider sein disziplinarisches Weisungsrecht weiter an den Auftraggeber. Der Auftraggeber gliedert den Interim Manager in seine Organisation ein und bestimmt wann, wo und was der Interim Manager arbeiten soll. In dieser Vertragskonstellation bekommt der Interim Manager nicht die Freiheiten, die er durch den Dienstleistungsvertrag ganz selbstverständlich erhält. Außerdem verliert der Interim Manager während der befristeten Anstellung seinen Status als selbstständiger Unternehmer (u.a. Vorsteuerabzug).
2. Fachliche Weisung auch beim Dienstleistungsvertrag erlaubt
Bei dem Dienstleistungsvertrag zwischen dem Interim Management Provider und dem Interim Manager auf der einen Seite und zwischen dem Auftraggeber und dem Interim Management Provider auf der anderen Seite sind disziplinarische Weisungen an den Interim Manager ausgeschlossen. Beide Verträge regeln ausdrücklich, dass der Interim Manager in der Wahl seiner Arbeitszeit, seines Arbeitsortes und seiner Tätigkeit frei ist. Allerdings sind fachliche, projektbezogene Weisungen an den Interim Manager erlaubt. Folgendes Beispiel soll den Unterschied deutlich machen. Der Auftraggeber beauftragt den Interim Manager mit einer Effizienz Steigerung um 20% und er legt auch die Kriterien fest, woran er das messen will. Er beauftragt den Interim Manager einen Plan zu erarbeiten, wie dieses Ziel erreicht werden kann, den Plan abzustimmen und umzusetzen. Der Interim Manager bestimmt wann, wo und was er arbeitet, um das Ziel zu erreichen. Dieses Erfolgskonzept hat sich bewährt. Wenn der Interim Manager dem Auftraggeber auch disziplinarisch untersteht, bestimmt der Auftraggeber wann, wo und was der Interim Manager arbeiten soll, um das Ziel zu erreichen. Dabei besteht die Gefahr, dass der Interim Manager nicht die Freiheiten bekommt, die nötig sind, um seinen Einsatz zum Erfolg zu führen.
3. Sozialversicherungsfrei
Eine Rechtsfolge des Dienstleistungsvertrages ist die Sozialversicherungsfreiheit. Entscheiden sich die Parteien für diesen Vertragstyp müssen grundsätzlich keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden. Voraussetzung dafür ist zunächst das ein selbstständiger Interim Manager zum Einsatz kommt. Tritt der Interim Manager zu seinem ersten Einsatz als selbstständiger Unternehmer an, genügt es, wenn er sich beim Finanzamt eine Umsatzsteuernummer ausstellen lässt. Danach ist entscheidend wie der Interim Manager auftritt, um seine Dienstleistung am Markt für Interim Management anzubieten, zum Beispiel sein Manager Profil in den Sozialen Medien präsentiert, LinkedIn oder XING, eine Mitgliedschaft in einem Berufsverband, zum Beispiel DDIM, eventuell eine eigene Homepage. Spätestens drei Jahre nach dem Start seiner Selbständigkeit muss er für verschiedene Kunden arbeiten. Bei seinem Einsatz im Auftragsunternehmen sollte herausgestellt werden, dass er ein externer Dienstleister ist.
4. Projektcharakter ist prägend für die Tätigkeit des Interim Managers
Der Dienstleistungsvertrag ist nur dann sozialversicherungsfrei, wenn es sich bei der Tätigkeit des Interim Managers um ein Projekt außerhalb des Tagesgeschäftes handelt oder bei Übernahme von Linien Funktionen der Projektcharakter prägend ist für den Einsatz. Der Interim Manager kommt oft zum Einsatz, wenn in einer bestimmten Unternehmensfunktion etwas verändert, in der Regel verbessert wird, während das Tagesgeschäft weiterläuft. Der Auftraggeber hat keinen Angestellten, der während des laufenden Tagesgeschäftes diese Veränderung herbeiführen kann. Der Interim Manager hat sich auf solche Einsätze spezialisiert. Der Projektcharakter ist prägend, der Einsatz des Interim Managers im Rahmen des Dienstleistungsvertrages ist sozialversicherungsfrei.
5. Vakanz Überbrückung
Bei der Vakanz Überbrückung setzt der Auftraggeber einen Interim Manager ein, um das Tagesgeschäft zu führen. Ein Angestellter des Auftraggebers könnte die Aufgabe auch übernehmen, der Auftraggeber hat aber nicht genügend Managementressourcen. Für die Vakanz Überbrückung dürfen die Vertragsparteien auch den Dienstleistungsvertrag für den Interim Managementeinsatz wählen. In diesem Fall ist der Einsatz aber nicht sozialversicherungsfrei. Hier muss der Einsatz des Interim Managers beim Auftraggeber über die Krankenversicherung angemeldet werden, wie bei einem Angestellten. Die Krankenversicherung prüft kostenlos und entscheidet, ob Sozialversicherungsbeiträge für den Interim Manager fällig werden. Sollte der Interim Manager eine eigene GmbH haben, über die er tätig wird und schon Sozialversicherungsbeiträge abführt, muss die Meldung bei dem Auftraggeber trotzdem durchgeführt werden. Wenn die Krankenversicherung jetzt entscheidet, dass Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden müssen, handelt es sich bei diesem Interim Manager Einsatz um ein Mehrfacharbeitsverhältnis. Die Sozialversicherungsbeiträge werden bis zur Bemessungsgrenze abgeführt. Die Krankenversicherung legt fest, in welchem Verhältnis die GmbH und der Auftraggeber das tun müssen. Führt der Interim Manager schon freiwillig Sozialversicherungsbeiträge ab, muss die Meldung beim Auftraggeber über die Krankenversicherung trotzdem durchgeführt werden. In diesem Fall entscheidet die Krankenversicherung in welchem Verhältnis Sozialversicherungsbeiträge bis zur Bemessungsgrenze für den Interim Manger abgeführt werden müssen.
Empfehlung: Bei Unklarheiten des Projektumfanges (Projekt vs. Vakanz Überbrückung) empfiehl der AIMP zum einen den v. g. Prozessschritt. Dieser ist relativ aufwandsarm, stellt aber sicher, dass kein Verstoß gegen die gültigen Sozialversicherungsgesetze erfolgt. Als „Worst Case“ sind die monatlichen Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Zum anderen wird empfohlen, diese Vorgehensweise im Vertrag mit dem Klienten (ggf. mit einer Vereinbarung über die Kostenübernahme) zu regeln.
Fazit:
Über den Dienstleistungsvertrag können ALLE Interimistischen Einsätze, egal ob es sich um einen reinen Projekteinsatz oder um eine Vakanz Überbrückung handelt, abgewickelt werden. Eine Abwicklung über einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag ist in keinem der Fälle notwendig.
Im Ergebnis können die Parteien des Interim Managementvertrages für jeden Einsatz des Interim Managers den Dienstleistungsvertrag wählen. Wenn der Interim Manager über den Interim Management Provider tätig wird, behält er seinen Status als selbstständiger Unternehmer auch bei einer Vakanz Überbrückung. Ein Ausweichen auf Arbeitnehmerüberlassung und die damit verbundenen Nachteile gegenüber dem Dienstleistungsvertrag ist bei reiner Vakanz Überbrückung nicht erforderlich.
Der Dienstleistungsvertrag muss so gelebt werden wie er zwischen den Parteien abgeschlossen wurde. Der Vertrag ist die Basis für die Arbeit des Interim Managers. Sollte sich seine Aufgabe ändern, muss das entweder in einem neuen Dienstleistungsvertrag oder zumindest in einem Zusatz zum ursprünglichen Vertrag festgehalten werden. Wird im Vertrag eine Projekttätigkeit beschrieben, der Interim Manager führt aber nur das Tagesgeschäft des Auftraggebers, löst seine tatsächliche Tätigkeit die entsprechende Rechtsfolge aus und nicht der geschriebene Dienstleistungsvertrag.
Die Verwendung des Dienstleistungsvertrages für jeden Einsatz eines Interim Managers oder einer Interim Managerin ist eine Empfehlung des AIMP. Im Übrigen führt der AIMP weder Rechtsberatungen noch Steuerberatungen durch. Bei Rechts- oder Steuerfragen sprechen Sie bitte mit dem Berater Ihres Vertrauens.
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