UNITEDINTERIM Blog
Wie gehören effiziente Teams und Meeting-Kultur zusammen?
Und plötzlich poppen die 80iger Jahre hoch! Die etwas älteren Leser werden sich an die Neue Deutsche Welle erinnern. Und wahrscheinlich auch an die Ina Deter Band:
In den letzten Jahren, und auch im Verlauf der Pandemie, habe ich mich dran erinnert. Und in Anlehnung an diesen Song wird daraus nun:
Wir schreiben es an jede Bürowand, eine neue Meeting Kultur braucht das Land! Eine radikal Neue Meeting-Kultur ist erforderlich!
Nun sehe ich das stark aus der Sicht unseres Hauptmarktes Brasilien, wo wir hauptsächlich für Mandanten aus Brasilien, Nordamerika und Europa in Projektmissionen arbeiten. Aber ich habe die leise Ahnung, dass es auch 1:1 auf die meisten anderen Märkte zu übertragen ist und ganz besonders dann, wenn es um die Transformation hin zu digitalen Geschäftsmodellen geht.
Vorgeschichte
In der Pandemiezeit haben wir bei iManagementBrazil eine ganzen Menge an Auswertungen unserer seit 2005 bearbeiteten Projekte durchgeführt.
Ziel: eine Neudefinition und Ausrichtung unseres Unternehmens.
Durch die Auswertung der monatlichen Aktivitätenreports konnten wir klar erkennen, dass der Anteil der Videokonferenzen und physischen Meetings seit dem Jahr 2015 rasant zunahm. Auch sind wir seit dem Jahr 2016 regelmässig in Projektmissionen mit brasilianischen Startups involviert. Also haben wir in dem Inkubationszentrum mal rumgefragt, wie denn da die Situation ist.
Und siehe da, auch hier explodieren die Sitzzeiten in physischen Meetings und Videokonferenzen.
Natürlich haben wir die Pandemie 2020 und 2021 mit insgesamt 19 Monaten komplett eliminiert, um die Ergebnisse nicht negativ zu verfälschen.
Ergebnis
Tendenziell verbringen wir, die Mitarbeiter unsere Mandanten, sowie Mitarbeiter uns bekannter Unternehmen zwischen 3.5 bis zu 4 Tagen pro Monat in Meetings und Videokonferenzen (Strategiemeetings, Abstimmungs-Meetings, Telefonkonferenzen, Zoom-Calls).
Das entspricht ungefähr 20% der effektiven Arbeitszeit pro Monat.
Das ist erstmal eine neutrale Information - weiter nichts!
Wie gesagt, dabei wurde die Zeit der Pandemie eliminiert, wo sich die Zeit, die Angestellte in Meetings im sogenannten Homeoffice verbrachten, nicht unbedingt verbessert. Es waren eher noch mehr digitale Verpflichtungen dazugekommen: sei es das Online-Kaffeetrinken mit der Kollegin oder das virtuelle Familientreffen.
Dabei werden Videokonferenzen und hybride Meetings noch als deutlich anstrengender empfunden als „reale" Besprechungen. Ohne eine verifizierte Zahlenbasis zu haben können wir aber feststellen, dass wohl insgesamt 25 Prozent der Brasilianerinnen und 20 Prozent der Brasilianer sich nach Zoom-Anrufen „sehr" bis „extrem" erschöpft fühlen.
Dieses Gefühl der Erschöpfung nach einem Tag mit zahlreichen aufeinanderfolgenden Onlinemeetings haben wir ja rund um den Globus in den Jahren 2020/21 als „Zoom-Müdigkeit" bezeichnet.
Neue Projektrealität
Infolge der hervorragend hohen Impfquote in Brasilien, allen voran São Paulo mit nahe 100%, wurden hier ab Q3/2021 Lockerungen schnell eingeführt. Nun wollten wir unsere Beobachtungen mit Blick auf die Meeting-Kultur in unseren Projekten anpassen. Oder besser gesagt, einen Weg suchen, die Dinge effizienter zu gestalten. Es ist einfach, sich das vorzunehmen.
Aber wie umsetzten? Gibt es ein Kriterium?
Wir sind in den neuen Projekten so rangegangen, dass wir uns Kriterien schaffen mußten, beobachten und sehen, ob es effizient sein könnte. Somit gab es einfach nur ein einziges Kriterium: die Hälfte aller Meetings absagen, streichen, gar nicht in den Kalender setzen.
Annahme beim Start: Wir haben die Besprechung falsch geplant!
Aus den gefühlten Beobachtungen der mehr als 120 Projekte in mehr als 17 Jahren iManagementBrazil, in Meetings mit den Mitarbeitern unserer Mandanten, den Geschäftsbesuchern aus den Mutterhäusern, Lieferanten sowie Kunden unserer Mandanten filterten wir für uns ein Grundproblem der allgemeinen Meetingkultur heraus:
Die meisten Besprechungen sind meistens nur ein Aufwärmen von Dingen, die wir alle eigentlich bereits kannten.
Bei Videokonfernzen kommt noch ein merkwürdiger Faktor hinzu: die Teilnehmenden der Videokonferenzen ziehen oftmals Besprechungen in die Länge, um die vorgegebene Meetingzeit einzuhalten. Das gilt ganz auffallend stark für Videokonferenzen mit Mutterhäusern aus dem deutsch-sprachigen Raum Europas, der sog. DACH-Region.
Ein kurzer Hinweis an meine Landsleute: Achtung, ihr seid in der Anwendung von digitalen Medien nicht sehr effizient, wenn wir das einmal mit unseren Mandanten aus Brasilien, Nordamerika und Frankreich vergleichen.
Das Kollaborationstool
Um einen Effizienz-Effekt zu erzielen mußten wir in den neuen Projektmissionen den Workflow ändern.
Wenn es also stimmen sollte, dass sehr viele Meetings nur ein Aufwärmer von längst bekannten Dingen sind, sollte diese Abstimmung doch auch durch asynchrone Aktualisierungen und Aufgaben ersetzt werden.
Und hier spielen die Kollaborationstools ihre Stärke mit aller Wucht aus. Natürlich werden Meetings nicht komplett gestrichen - es wäre irrwitzig zu glauben, dass das möglich sei. Auch würde das in eine massive Ineffizienz führen.
Erkenntnis: Video- und Kollaborations-Tools als zwei Werkzeuge im gleichen Werkzeugkasten sehen.
How to do it?
Taktiken der Reduktion
1. Bestandsaufnahme aller Besprechungen
Als Interim- und Projektmanager in einer Mission bei unseren Mandanten, sammeln wir also immer alle feststehenden Meetings, um einen Überblick zu haben. Danach beurteilen wir ad-hoc jene Besprechungen, die nur einer Statusaktualisierung dienen.
Diese Meetings können dann aus der Liste gestrichen und abgesagt werden. Sie werden weitestgehend durch den Einsatz von Kollaborationstools ersetzt.
Das gilt auch in der Beziehung zu den Mutterhäusern im Ausland.
Wir weisen unsere Mandanten energisch darauf hin, Kollaborationstools in den Projekten aktiv zu nutzen und unbedingt zu implementieren.
Erkenntnis: Sehr schnell war klar, dass es keinen Grund gab, jede Woche mehrere 30-minütige Check-in und Follow-up-Besprechungen abzuhalten, wenn einfache schriftliche Aktualisierungen durch Kollaborationstools zu erledigen waren.
2. Meetingzeit radikal reduzieren
Wir schauten uns an, wie lange historisch Meetings zu bestimmten Inhalten, besonders Routinen, abgehalten wurden.
Dann wurde wieder unser einziges Kriterium zur Anwendung gebracht: 50% Reduktion.
Somit wurde aus einem wöchentlichen Standardmeeting von 60 Minuten, ein Meeting von nur 30 Minuten. In nicht wenigen Fällen sind wir nach einigen Wochen sogar provokant rangegangen und haben diese 30 Minuten abermals reduziert. Nun waren es nur noch 15 Minuten.
Erkenntnis: Die Mitarbeiter im Projekt, und auch wir selbst, waren überrascht, wie einfach das ist und wie wenig diese Besprechungen vermisst wurden.
3. Informationen anders teilen
Natürlich muß sichergestellt werden, dass alle wichtigen Informationen aus den nun oftmals wegfallenden Meetings trotzdem alle Mitarbeiter erreichen.
Und hier kommt die Kombination aus Video Calls und Kollaborationstools ins Spiel.
Wir können aus unserer bisherigen Erfahrung keine allgemeingültigen Regeln ableiten. Das ist individuell von Projekt zu Projekt neu zu justieren.
Aber man sollte das Werkzeug Video und Kollaborationstool unbedingt in den gleichen Werkzeugkasten legen. Allen muß klar sein, wer an welcher Aufgabe arbeitet. Dafür sind allerdings keine Abstimmungs-Meetings erforderlich.
Die Projektmanager und Linienmanager in der Projektmission müssen daher die Themen und Aufgaben zu Beginn jeder neuen Woche über ein digitales Kollaborationstool vergeben und den Status prüfen. Es muß sicher gestellt sein, dass Teammitglieder dort ihre Aufgaben einsehen und ihren Fortschritt vermerken können.
Erkenntnis: Es wurde obsolet, dass die gesamte Mannschaft sich regelmäßig in virtuellen Calls oder physischen Meetings über die eigene Arbeit informierte.
4. Unbedingt Zeit nur für persönliche Treffen reservieren
Nicht alle Aufgaben funktionieren ohne Videokonferenzen oder physische Meetings.
Gruppendiskussionen, die Betonung liegt auf Diskussion, Brainstormings oder Einzelgespräche benötigen ein Treffen – sei es virtuell oder persönlich.
Für diese wichtigen Besprechungen muß weiterhin Zeit im Terminkalender geblockt werden.
Wo geht die Reise hin?
Das können wir nicht sagen. Wir befinden uns mit diesen Massnahmen selbst in einem Labor.
Ich sehe auch weit und breit kein Unternehmen, welches den magischen Schlüssel oder den Zauberstab von Harry Potter in den Händen hält.
Aber eins ist klar: Mit einer Änderung der Meeting-Kultur kann man die Effizienz deutlich steigern und Kosten senken.
Die bisherige Erfahrung aus gut einem Jahr neuer Meeting-Kultur in diversen Projekten zeigt eindeutig, dass mindestens die Hälfte aller Meetings ersatzlos wegfallen können.
Und daher gilt es weiter: Wir schreiben es an jede Bürowand, eine neue Meeting-Kultur braucht das Land!
Was ist Ihre Beobachtung in Ihrem Unternehmen?
Frank P. Neuhaus
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