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Krise, knappe Ressourcen - wieviel kann man von Brasilien lernen?

Fank P. Neuhaus - Spezialist für Brasilien mit Sitz in São Paulo

Brasilien ist ein Land, welches regelmässig mit Krisen zu kämpfen hat. Das Land ist wahrscheinlich die einzige Nation auf dem Globus, welche jede Krisencharakteristik schon mal durchlebt hat. Das hat das Land ausgesprochen resilient geformt und die hier gestärkten Führungskräfte über lange Zeit zu einem Exportschlager gemacht.

Krise? Das kann man in Brasilien besser!

Daher gilt in Brasilien nie der Satz: Gerade jetzt in der Krise ist die Veränderungsbereitschaft von Mitarbeitern und Unternehmen am größten. Darum ist jetzt der richtige Zeitpunkt zum Durchstarten und zur grundlegenden Optimierung der Prozesse. Viele brasilianische Unternehmen leben in einem permanenten Zustand der Veränderung: Das ist Teil der Überlebensstrategie!

So ist es auch in der Corona-Krise. In diesem Artikel möchte ich einige grundlegende und immer wieder beobachtete Aspekte des Krisenmanagements in unseren Projekten ansprechen. Die Beobachtungen gehen über die aktuelle Corona-Krise hinaus und haben sich auch schon in der 2014/15 ausgebrochenen politischen Krise manifestiert.

Für kleinere oder mittlere Unternehmen ist die Zeit seit 2014/15 ein großer Kraftakt. In vielen Fällen heißt es generell: sparen, um zu überleben.

Aber wenn iManagementBrazil in solche Situationen gerufen wird, stellt sich immer die Frage, ob der Mandant in Krisenzeiten mit unspezifischen Sparmaßnahmen gewinnen kann. Ein generelles Sparprogramm quer durch das Unternehmen, in Mitteleuropa als die berühmte Rasenmäher-Methode bekannt, reduziert natürlich sofort und überall Kosten.

Klar ist aber auch, dass Chancen beschnitten werden oder zumeist gar nicht erkannt werden. Diese Chancen aber gilt es jedoch unbedingt zu nutzen, zumindest aber zu erkennen und zu evaluieren.

Der Projektblick mit Konzentration auf Erfolge

Hier beginnt die Reise. Das Wichtigste in dieser Phase: die Suche, Bestimmung und Steuerung von Ideen im Unternehmen, in denen Projekte stecken, welche wirklich zukunftsträchtig sind. Die Evaluierung muß schnell und transparent erfolgen. Hier kommen mehrere Variable zum tragen.

Gleich zu Beginn muß die Wettbewerbsposition des Mandanten im relevanten Markt bestimmt werden. Dann geht es darum, den Neuigkeitsgrad oder sogar die Innovationen in den Ideen im Unternehmen des Mandanten zu erkennen und zu bestimmen. 

Vorsicht! Stolperfalle!

Das alles darf natürlich nicht in euphorischen Phantasiewelten enden!

Hier ist das Buzz-Word Digitalisierung binnen weniger Minuten auf dem Tisch ...

Und um eines gleich klarzustellen: man kann kein Unternehmen aus der Krise herausführen, indem man Digitalisierung als Ziel oder Selbstzweck ausgibt.

Erfahrungen mit einer Technologie und die qualitativen Voraussetzungen einer möglichen Implementierung sollten schnell fokussiert werden. Bei dieser Fragestellung nutzt iManagementBrazil regelmässig die Funktion des TechScout, wobei eine kleine Gruppe aus den Mitarbeitern des Mandanten und unseren Projekt Managern und/oder Interim Manager diese Aufgabe übernehmen (siehe hierzu auch das Video "Coffee Break | Digitale Transformation eines Coffee Shop Franchise").

In den vergangen Dekaden hatte man in Brasilien sehr gerne mit der sogenannten Tropikalisierung von Produkten und Dienstleitungen kokketiert. Das ist ein zweischneidiges Schwert und sollte auch immer im Fokus sein. Allerdings kann dieser Prozeß über die Jahre schnell in einem Chaos mit sehr hohen versteckten Kosten enden.

Daher sollte man unbedingt jetzt in der Krise die Themen Modularisierung und Gleichheitsstrategien konsequent ins Auge fassen, um überzeugende Kostenreduzierungen zu realisieren. Das heisst, dass Komprimierungen genutzt werden sollten, echte Synergien gesucht werden müssen und Kooperationen mit Partnern, Zulieferern und manchmal auch Universitäten in den Mittelpunkt gestellt werden sollten.

Ressourcen-Management durch fokussiertes Projektmanagement

Nachdem die Ideen und möglichen Produktinnovationen im Unternehmen lokalisiert und evaluiert wurden, sollten sie auch als die wichtigsten Treiber für zukunftssichernde Innovationen artikuliert werden. Das sind die wirtschaftlichen Lokomotiven. Nun geht es darum, ein schlagkräftiges Projektmanagement im Unternehmen des Mandanten zu implementieren, um mit dem Kompass der Innovations-Lokomotiven die Ressourcen eng zu steuern.

Dazu gehört aber auch, dass freiwerdende Kapazitäten zielführend die Lokomotiven befeuern und damit für den Markt von morgen genutzt werden.

Prozesse standardisieren, Lernkurve steigern

Auch hier sollte im Mittelpunkt die identifizierte Innovation stehen. Davon ausgehend werden in diesem Projektschritt die Prozesse effizient, transparent und durchgängig aufgesetzt, Meilensteine definiert und möglicherweise Rollen von Mitarbeitern nach Leistung und Auslastung neu verteilt.

Es ist immer zu beobachten, dass ab diesem Zeitpunkt die Lernkurveneffekte steiler verlaufen. Auch entsteht in diesem Moment eine schon fast einzigartige Chance, Partnerunternehmen reibungsloser in den Prozess integrieren zu können. Das alles setzt aber voraus, dass eine Prozess-Transparenz gelebt wird.

Ebenfalls entsteht in diesem Moment die Möglichkeit, die Prozesse einfacher zu automatisieren, Roll-outs zu realisieren und, falls opportun, Digitalisierungsprojekte für die nahe Zukunft zu visualisieren. In allen unseren Projekten gelingt es in diesem Stadium der Prozess-Standardisierung, eine einheitliche IT-Infrastruktur zu implementieren.

Das Thema sollte nicht zu Beginn des Projektes als 1A-Priorität definiert werden, da Prozesse einfach noch nicht reorganisiert oder transformiert wurden.

Auch sollte auf eine fantasiereiche Detailausprägung verzichtet werden, welche wiederum die Gefahr heraufbeschwört, eine Ineffizienz zu manifestieren.

Sensibles Thema: Kostenreduktion – kurz, klar, knapp!

Also, wie soll man mit Kostenreduktionen umgehen? Auf breitester Ebene nach der Rasenmäher-Methode?

Wenn es nicht um Restrukturierung oder Insolvenzverfahren geht, dürfen Kostensenkungen nicht zu Lasten der Zukunft gehen. Jetzt sind die technische Abteilung, der Vertrieb, die Produktion und das Prozess-Team gefordert. Teamarbeit in reinster Form, Lean-Management und manchmal auch Six-Sigma-Werkzeuge müssen pragmatisch zum Einsatz kommen.

Kostenreduzierung nach dem Rasenmäher-Prinzip sind Gift.

Ein alter Bekannter – Mr. Target Costing

Fundamental wichtig: das Produkt muß den Markt treffen. Preisgestaltung, Leistungsspektrum und Vertriebskanäle sind die einzigen Determinanten. Diese Prämissen bestimmen die Zielkosten und bilden die Basis des zu erwartende Zielverkaufspreis. 

Alle Abteilungen sitzen am Tisch. Eine interdisziplinäre Zusammensetzung des Teams muß sichergestellt sein, um ein robustes Projekt zu garantieren. Was wir in allen Projekten feststellen ist, dass ein Target Costing zu einer Kostenreduzierung führt und hohe Anfangskosten verhindert oder schnell kompensiert.

Transparenz

Die Notwendigkeit einer exzellenten Steuerung durch das Projekt-Management ist fundamental. Effizienz und Effektivität sind die ständigen und täglich rollierenden Zielvorgaben. Transparenz durch Projekt-Controlling heißt das Pflichtprogramm.

Und hier sollte man unbedingt auch den Controller einbinden. Es geht um die neue Prozess- und Zahlenwelt. Die Planungs- und Reporting-Tools umfassen dabei die Ist-Analyse und die Prozessgestaltung, die in Einzelprojekte aufgefächerte Projektsteuerung mit klaren Verantwortlichkeiten und Leistungsvereinbarungen.

Hierbei sollten unbedingt verfügbare Kollaborations-Tools getestet werden und schnell in die neuen Routinen des Unternehmens implementiert werden.

Fazit

Fokussierte Investitionen und sensibles Kostenmanagement gehen Hand-in-Hand und bilden die Grundlage für zukünftiges Wachstum. Das ist der mit Abstand robusteste Weg aus der Krise heraus.

Die Optimierungshebel müssen individuell, taktisch und strategisch sinnvoll genutzt werden. Unsere Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt sehr robust, dass auf diese Weise die Krise zu meistern ist und dem Unternehmen des Mandanten eine gute Startposition für den nächsten Aufschwung gesichert wird.

Besonders wir als Interim Manager können mit nachhaltiger unternehmens- und branchenübergreifenden Erfahrung neue Impulse einbringen, um schnell Ansatzpunkte für Kostensenkungen zu liefern. Dabei helfen uns einige in den vergangenen Jahren robust erlernte Kreativitätsmethoden, um zu strukturierten Lösungen zu kommen und diese Denkweise im Unternehmen zu verwurzeln. 

Beispiel: Bei einem Mandat konnte der Investitionsbedarf in eine neue Montagelinie um über 25% reduziert werden, indem das Produkt von der bestehenden Montage her entwickelt wurde, anstatt wie oft üblich für jedes Produktprogramm, Stichwort Tropikalisierung, eine neue Montagelinie zu entwickeln. Das sparte Liquidität in der aktuellen Wirtschaftskrise.

Frank P. Neuhaus
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