By Frank P. Neuhaus on Montag, 29. August 2022
Category: INTERIM MANAGER

Strategie: keine Strategie!

Unser gesamtes Berufsleben hören wir schon immer, dass man eine Strategie benötigt, man eine Strategie machen müsse, man doch immer nach Strategien suchen solle.

Auch wir, iManagementBrazil, müssen uns in unseren Projekten damit befassen. Wer uns aus Projekten schon kennt, unsere Blogs regelmässig liesst, unsere Vlogs immer wieder mal sah weiss aber auch, dass wir sehr scharf zwischen Strategie und Taktik unterscheiden.

Das etwas besondere Unternehmen

In unserer mehr als 17-jährigen Zeit im Markt treffen wir aber auch immer wieder mal auf einen Typ Unternehmen, welches eine ganz andere Sicht auf die Dinge kultiviert.

Das sind jene Unternehmen, die es als ihre „Strategie" definierten, keine Strategie zu haben – und auch keine machen zu wollen.

Dieser Typ von Firmen, Unternehmern wie auch deren Führungskräfte, sind wohl die interessantesten Fälle, welche wir je bearbeitet haben. 

Interessant deswegen, weil es maximal intellektuelle Anstrengungen erfordert, um in diese Welt einzutauchen.

Es handelt sich nicht um unorganisierte Unternehmen – ganz im Gegenteil!

Es sind keine Unternehmen, mit massiven finanziellen Problemen – ganz im Gegenteil!

Auch sind es nicht Unternehmen, welche iManagementBrazil für Reorganisationen oder Restrukturierungen benötigen – ganz im Gegenteil!

Alle diese Fälle, welche wir in unserer Zeit bearbeiten konnten, waren ausnahmslos Projekte der Geschäftsmodell-Transformation. Auch waren wir in diesen Projekten immer nur als Projekt Manager und Sparing Partner im Einsatz.

Berichtet man Geschäftspartnern oder anderen Managern dritter Unternehmen von solchen Fällen, kommt in 8 von 10 Fällen die gleiche Reaktion: ein leichtes süffisantes Lächeln, ein leichtes Kopfschütteln, und dann ein Hinweis, dass wir da mal wieder wohl einen jener chaotischen Fälle als Projekt an Land gezogen hätten.

Aber was haben wir wirklich beobachtet?

Das Nichtvorhandensein einer Strategie ist in keinem Fall mit dem Versagen der Organisation gleichbedeutend gewesen, wie viele Dritte immer annehmen.

Es lässt sich schon sehr klar beobachten, dass der bewußte Verzicht auf eine Strategie die Organisation zu größerer Flexibilität anregt. Es steht ausser Frage, dass Organisationen mit straffer Kontrolle, in denen formalisierte Verfahren einen hohen Stellenwert einnehmen und deren Kontinuität mit Leidenschaft verfochten wird, tendenziell ihre Fähigkeit zum Experiment und zur Erneuerung einzubüßen.

Daher sind auch Reorganisationen und in einigen Fällen Restrukturierungen so häufig bei diesen Unternehmen anzutreffen. Auch tun sich diese Unternehmen ausgesprochen schwer, Geschäftsmodell-Transformationen als Projekt aufzusetzen.

Kontrollverlust als Hauptquelle für Angst ist der entscheidende Bremsfaktor.

Hochinteressant ist das Verhalten des Managements von Unternehmen mit der Strategie „keine Strategie" in den Planungsphasen von Budgets und eher kurzfristig ausgerichteten Taktiken in Vertrieb, Produktion, Einkauf usw.

Das Management sendet permanent unmißverständliche Signale aus, sich nicht in Ressourcen verschlingenden Zeremonien, wie Abstimmungs-Meetings, zu ergehen. Der Einsatz von Kollaborationstools zur Abstimmung ist auffand hoch bei diesem Typ von Unternehmen. Man geht davon aus, dass man einfach keine Meetings zur Abstimmung über Fakten benötigt, welche sowieso jeder kennt.

Besondere Führungskräfte

Auch werden formale Planungssysteme tendenziell ablehnt und statt dessen wird auf die Beständigkeit des Handelns auf allen Organisationsebenen gesetzt.

Das setzt eine ganz andere Art von Führungskräften voraus, zumeist ähnlich den Professionals welche wir aus Startups der frühen Seed Phase kennen.

Es gibt keinen schriftlichen Strategieplan, wenig, aufs Mindestmaß reduzierte schriftlich festgelegte Ziele und niemals Mission Statements. 

In all diesen Fällen dient das Fehlen der bei einer Strategie vorausgesetzten Managementelemente als Symbol für die schnörkellose, unbürokratische Organisation.

Wenn Personalberater („Headhunter") in solche Unternehmen gerufen werden um vakante Führungspositionen zu besetzen, haben sie zum Anfang häufig erhebliche Probleme, die Profile zu determinieren und entsprechende Kandidaten zu präsentieren.

Gerade in diesen Unternehmen der „keine Strategie" geht es nicht darum, einfach einen weiteren Kandidaten zu finden oder beim Konkurrenten herauszulösen, welcher schon immer die gleiche Arbeit machte und genauso funktioniert, wie eine Stellenbeschreibung es vorgibt.

In diesen Fällen muß der Personalberater die interne Dynamik sehr gut kennen, Muster in der Zusammenarbeit und dem Informationsfluss lesen können und die Mitarbeiter des Mandanten in dynamischen, zusammenarbeitenden Profilen erfassen können.

Ist das möglich?

Nein.

Aber genau diese Art von einer neuen Personalsuche wird sich in immer turbulenteren Zeiten als Erfolgsfaktor herauskristallisieren.

Wir denken, dass hier Personalberater erhebliche eigene transformatorische Anstrengungen machen müssen.

Das Gemurmel in der Organisation

Das Fehlen eines strikten Musters für die strategische Entscheidungsfindung in den Unternehmen „keine Strategie" bewirkt, daß ein gewisses „Gemurmel" in den organisationsinternen Systemen aufrechterhalten wird.

Man kann es auch sehr positiv ausdrücken: Die Kommunikationskanäle sind permanent offen und nicht durch Hierarchien verschlossen.

Somit bleibt Flexibilität auf hohem Niveau erhalten.

Möglicherweise sind diese Unternehmen die am besten vorbereiteten ökonomischen Einheiten für stetiges Lernen und die notwendige Anpassung.

Frank P. Neuhaus
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