Manchmal beschleicht mich so ein Gefühl. Irgendwo in meiner Magengrube manifestiert es sich ein erstes Mal. Es zwickt und zwackt. Zumeist überhöre ich es, man muss nicht einer jeden Flatulenz Raum und Bedeutung zuordnen. In manchen Fällen jedoch muss es aber einfach raus.
Und heute ist mal wieder so ein Tag…
Ich war gerade dabei, einen Artikel über das Thema NewWork zu lesen. Ein spannendes Thema für mich, da die Themen Mitarbeiter, Organisation und Arbeitswelt für mich von großer Bedeutung sind. Unsere Arbeitswelt verändert sich ständig und bisweilen erstaunlich schnell. „VUCA und Disruption!", so ruft es an jeder Ecke.
Ich war also gerade dabei, einen dieser wunderbaren NewWork-Artikel zu lesen. Ich grunzte vor Behagen und aalte mich in meiner Feelgood-Suhle. Ja, so müsste Arbeit sich anfühlen – so und nicht anders. Einen Flipperautomaten und einen Kickertisch wollte ich für mich haben… und eine Lümmelcouch. Und vollen Lohnausgleich im Sabbatical. Hach…
Parallel dazu machte mich mein LinkedIn-Account darauf aufmerksam, dass eine mir gutbekannte Autorin mitteilte, dass NewWork nun mittlerweile tot sei. Plumps. Eben noch Wohlfühl-Bad, rosarote Brille und nun das? Ja, was denn nun? Ich wurde ärgerlich…
Noch ärgerlicher wurde ich, als ich mich daran zurückerinnerte, dass eben genau diese Autorin vor 3 Jahren sich mit einer Inbrunst an das Thema NewWork ranschmiss, die eher einem orgiastischen Götzendienst als einer differenziert-professionellen Betrachtung glich.
Jetzt war ich hell erregt, der Hölle Rache kochte in meinem Herzen. Wie konnte diese Person mir mein Arbeiterparadies so zerreden? Und wie konnte sie sich derart dem Gegenteil zuwenden? Verrraaaaat!
Und nun sind wir genau an diesem einen Punkt, der mich immer wieder so maßlos enttäuscht und nicht selten auch dann verärgert. Es ist die Bereitschaft des Menschen zum Hype. Wir sind in der Lage, uns zu begeistern – in einem Maße zu begeistern, welches einem ent-Hirn-tem Furor gleicht. Immer wieder entfacht sich eine Art Fieber in unserem Hirn, welches jegliches Denkvermögen ausschaltet. Der oben geschilderten Dame mag man das nachsehen. Sie vermarktet sich selbst und ist offensichtlich dafür bereit, jede Welle zu surfen, die sich gerade vor ihrem Lebensstrand bricht.
Uns, die wir uns Manager nennen (ich verwende den Begriff Manager geschlechtsneutral), steht ein solches Verhalten nicht gut zu Gesicht. Und doch muss ich es immer wieder beobachten. Lassen Sie mich es bitte böse sagen, erlauben Sie mir bitte an dieser Stelle eine verbale Gemeinheit: Manchmal gleichen wir blökenden Schafen, die einem jeden Trend nachlaufen. Dies ist jedoch nicht Ausdruck eines wachen Managerseins; dies ist Ausdruck einer Angst, nicht jeden neuesten Trend erwischt zu haben. Gartner und sein Hype-Cycle sprechen hierzu eine beredsame Sprache.
Wir haben dies nicht nötig, unsere Schaffens- und Schöpfungskraft als Manager und Managerinnen ist vorhanden. Wenn wir Wucht und Wirkung im Mandat, im Projekt, im Unternehmen entfalten wollen, müssen wir uns fokussieren. Und nicht jedem gottverdammeleiten, neuen Firlefanz hinterherlaufen. Wir können und müssen mit Augenmaß Neues und Bewährtes abwägen.
Und dazu gehört eben auch, neuen Wegen und Ansätzen die „Keimzeit" zu geben, die sie brauchen. Wir erwarten ja auch nicht, dass die neue Saat innerhalb von 3 Tagen zur vollen Frucht gewachsen ist. Hype und Enttäuschung sind zwei ungleiche Schwestern, die sich nicht selten in einem Furor ablösen. Abyssus abyssum invocat [Lateinisches Sprichwort; zu Deutsch: "Eine Tiefe ruft eine andere Tiefe nach." - d.h. "Ein Irrtum zieht einen weiteren nach sich."].
Dr. Bodo R. V. Antonic - Spezialist für Umsatzwachstum in der Life-Science-Industrie
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