By Hans Rolf Niehues on Donnerstag, 17. März 2022
Category: INTERIM MANAGER

Wissens-Ökonomie und Unternehmenswert – Herausforderungen für Controlling und Unternehmenssteuerung

Die Digitalisierung der Prozesse in den Unternehmen schreitet voran, angefangen von den grundlegenden Funktionen wie Order-to-Cash oder Purchase-to-Pay bis zu Electronic Data Exchange und dem Internet-of-Things. Dazu kommt dann die grosse weitere Welt von Big Data. Neben effizienteren Prozessen ergeben sich zudem völlig neue Geschäftsmodelle.

Daraus folgen neue Betrachtungsobjekte, neue Aufgaben auf die sich das Controlling einstellen muss.

Der Sinn einer Unternehmung liegt in der Wertschöpfung, die gemäss der herrschenden Theorie mit den Produktionsfaktoren Kapital, Güter, Maschinen und Arbeitskraft durch den dispositiven Faktor geleistet wird.

Der Unternehmenswert bemisst sich durch den inneren, wahren Wert („intrinsic value"), der sich in der Regel durch den Barwert zukünftiger Cash-Flows ergibt - abgezinst mit den Kapitalkosten (Weighted Cost of Capital). Die Grundlage der Berechnung sind die bilanzierten Werte.

Bei Unternehmensverkäufen wird jedoch zumeist ein Mehrwert erzielt, der in der aufnehmenden Gesellschaft als Firmenwert / Goodwill ausgewiesen und abgeschrieben wird.

Dadurch stellt sich doch die Frage, wodurch dieser nicht bilanzierte Wert geschaffen wird. Die herkömmlichen Methoden des Controllings greifen allermeist nur auf die Werte des Rechnungswesens und der Kostenrechnung zurück und damit zu kurz.

Des Weiteren stellt sich auch die Frage, wie kann das Controlling dann gewährleisten, dass die zukünftigen Cash-Flows auch generiert werden. Was muss neben buchhalterischen Werten noch betrachtet und „controlled", gesteuert werden.

Gehen wir einmal davon aus, dass der Kunde der einzige ist, der der Unternehmung den Gegenwert der Wertschöpfung in Form der Andienung am Markt, dem Angebot, gibt. Der Grund dafür ist zum einen das Image-Kapital in Form einer starken Marke und der Reputation, die sich im Laufe der Zeit aufgebaut haben. Zum anderen ist das Kunden-Kapital in Form einer soliden Basis und starker Bindung dafür zu erwähnen.

Auf der anderen Seite darf das Partner-Kapital, geprägt durch ein weites Netzwerk und gute Beziehungen, nicht vernachlässigt werden. Dies ist der Baustein auf der Wertschöpfungsseite.

Image-Kapital, Kunden-Kapital, Partner-Kapital sind somit grundlegende Betrachtungs-Objekte des Controllings. In diese „unfassbaren" Kapitalien muss investiert werden.

Strategischen Themen, abgestimmte effiziente Prozesse und relevante, zielgerichtete Kommunikation sind die Wege dahin, diesen „Kapitalstock" aufzubauen. Nur, all dass geschieht nicht von allein, sondern bedarf grundlegender Strukturen.

Noch sind wir heute weit davon entfernt, dass regelhaft Künstliche Intelligenz ( KI/AI) diese Aufgabe in der Breite übernehmen könnte. Und somit steht im Zeitalter der Wissens-Ökonomie der MIT-Arbeiter - motiviert, informiert, tatkräftig - als Alleinstellungsmerkmal im Fokus.

Dieses MIT-Arbeiter-Kapital gründet auf zwei Säulen, dem Organisations-Kapital und dem Informations-Kapital.

Das Organisations-Kapital ist das Resultat von Führung und Fokus. Mit dem Fokus auf Kunden und Nutzen, Strategie und Ziel, Prozessen und Systemen, sowie Werten und Verhalten, beantwortet Führung die Fragen, was tun wir, warum tun wir es, womit tun wir es und wie tun wir es.

Das Informations-Kapital beantwortet Fragen zu Transaktionen (funktionale Prozesse), zur Transformation (Lösungen/Know-How, Märkte/Kunden) und zur Navigation ( Strategie, Finanzen, Risiken). In der IT/EDV-Abteilung werden Daten gesammelt, zu Informationen destilliert und distribuiert. Damit wird Wissen geschaffen. Ein weiterer „unfassbarer" Baustein, das Erkenntnis-Kapital!

Das Zusammenspiel in wechselseitiger Abhängigkeit schafft durch Ermächtigung und Ermöglichung Vertrauen, Motivation und Bindung. Das MIT-Arbeiter Kapital zeichnet sich dann durch den Mind-Set, Wissen, Fähigkeit Kreativität, Offenheit und Verlässlichkeit aus.

Organisations-Kapital, informations-Kapital und MIT-Arbeiter-Kapital sind somit grundlegende Betrachtungs-Objekte des Controllings. In diese „unfassbaren" Kapitalien muss investiert werden.

Brain Drain is Cash Drain!

Die von mir dargestellten Zusammenhänge stellen die Ursache für den Markterfolg dar. Der generierte Cash-Flow ist letztlich nur die Wirkung. Das bedeutet, dass das Controlling den Schwerpunkt mehr auf die Lead-Faktoren legen muss, damit Lag-Faktoren das gewünschte Ergebnis erzielen können. So kann der zukünftige Cash-Flow in einem dynamischen Controlling-Prozess abgesichert werden, können frühzeitig Risiken erkannt und Massnahmen ergriffen werden.

Einen Ansatz in der gedanklichen Ausrichtung bieten Strategy Maps, die von Kaplan und Norton im Zusammenhang mit ihrem Konzept der Balanced Score Card (BSC) entwickelt worden sind. Eine BSC kann nicht solitär entwickelt werden, sondern muss auf einer Strategie aufbauen und den Gesamtkontext berücksichtigen. Kompetenz-Ebene, Prozess-Ebene, Kunden-Ebene führen in logischen Abhängigkeiten zur Finanz-Ebene.

Auf geht's!

Hans Rolf Niehues
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