By Josef Bachler on Donnerstag, 02. September 2021
Category: INTERIM MANAGER

Supply Chain - Entwicklung in den Beschaffungsmärkten

Ich möchte zu Beginn auf meinen Beitrag Supply Chain und Nearshoring: Normalisierung nach kritischen Zeiten? verweisen. Ich habe in diesem Beitrag zu erwartende Entwicklungen dargestellt und Handlungsempfehlungen ausgesprochen und auf zu erwartende Entwicklungen in Beschaffungsmärkten –​ insbesondere China –​ hingewiesen. Ich denke, das wird in den nächsten 10 Jahren so maßgeblich sein, dass ich diesem Thema einen eigenen Beitrag widmen möchte:

Gegenwärtig sind Lieferketten weltweit von den Folgen der Corona-Pandemie beeinträchtigt. Nach Beendigung dieser Pandemie – und das wird noch dauern – werden sich die Lieferketten aber nur zum Teil wieder normalisieren. Die leidvollen Erfahrungen aus den unterbrochenen Lieferketten, die Klimathematik und Kreislaufwirtschaft, die Veränderung der geopolitischen Lage, Technologieentwicklungen und anderes mehr, werden aber innerhalb der nächsten 10 Jahre die Lieferketten verändern. https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/robuste-lieferketten-sicherstellen.html


Die Wirtschaft ist nach Beendigung der Lockdowns angesprungen. Die Prognosen stellen für 2021 ein hohes Weltwirtschaftswachstum in Aussicht: China mit 6%, USA mit 6,5%, D mit 4% usw., für 2022 sind die Prognosen noch besser. Dieser sprunghafte Wirtschaftsaufschwung führt zu Verfügbarkeitsproblemen sowohl wichtiger Rohstoffe als auch Komponenten (z.B. Halbleiter), dazu kommt insbesondere in Europa ein Fachkräftemangel. Damit bleiben die Lieferketten zumindest vorerst labil. Gekauft wird dort, wo geliefert werden kann.

Preissteigerungen gibt es in nahezu allen Branchen (Rohstoffe, Energie, Konsumgüter, Treibstoffe, Frachtkosten). Die Zentralbanken sehen das als eine kurzfristig vorübergehende Situation. Als Folge der hohen Staatverschuldungen wird das Zinsniveau niedrig gehalten. Höhere Preise werden uns aus verschiedenen Aspekten erhalten bleiben und die Inflationsängste nehmen weltweit zu.

Chinas 14. „Fünf-Jahres-Plan", verabschiedet im März 2021, hat die

Kurzfristig gibt es auf Grund der gut entwickelten Lieferantenbasis kaum Alternativen zum Produktionsstandort China. In den nächsten Jahren werden aber arbeitsintensive Produktionen innerhalb Asiens in billigere Produktionsländer wie Vietnam, Philippinen und vor allem nach Indien abwandern. Ein Teil auch nach Südamerika und in vereinzelten Arbeitsgebieten auch nach Afrika.

China als kostengünstiger Produzent für alle möglichen Produkte wird sich bereits mittelfristig verabschieden. Sehr wohl aber wird China ein Import- und Exportland für hochwertige Güter sein  – mit der Unsicherheit einer weltweit politischen Einflussnahme z.B. durch (hohe) Zölle und möglicherweise auch ordnungspolitische Maßnahmen. Die offizielle Aussage Chinas, bis 2035 die Taiwanfrage gelöst wissen zu wollen, ist in diesem Zusammenhang nicht gerade ein Stabilitätsfaktor. Das gilt auch für die zunehmende politische Integration von Hong Kong. Der Wettstreit zwischen den USA und China wird diese Entwicklung beschleunigen.

https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/china-volkskongress-beschliesst-14.-fuenfjahresplan.html

Seit Februar 2019 ist die EU-Verordnung zur „Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen" in Kraft. In Österreich wurde die Richtlinie mit Wirkung vom 25.7.20 bzw. teilweise mit 11.10.20 in Kraft gesetzt und in Deutschland mit 1.5.2021. Mit dieser Verordnung unterliegen ausländische Direktinvestitionen (Kauf und Beteiligung an Unternehmen) besonders sensible Bereiche und kritische Infrastruktur, einer Genehmigung durch die öffentliche Hand. Auch das wird Lieferketten beeinflussen.

https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/Investitionskontrollgesetz.html

Trends, Risiken und Alternativen zum Sourcing, aus den Empfehlungen des Branchenreports für China.

Der Import aus Asien für die österreichische Industrie betrug im Jahr 2020 EUR 20,6 Mrd., davon 50% China, 10% Japan, jeweils 4% - 5% aus Vietnam, Indien, Kasachstan, Korea und Taiwan. Aus diesen 7 Ländern in Summe 80%.

Von den EUR 20 Mrd, entfallen EUR 4 Mrd auf Elektronik-Produkte und -Apparate, auch hier ist der Anteil von China 50%, Japan 20% und Taiwan 7%.

Meinung der Einkäuferinnen und Einkäufer der verarbeitenden Industrie:


Einkaufsempfehlungen für Branchen/Produkte

Branchen/Produkte          Abhängigkeit von China   Veränderungsmöglichkeiten          Alternativen

Elektrik/Elektronik           hoch                               leicht                                        Korea, TCH

Formen (Tools)              hoch                                mittel                                       Vietnam

Aluminium Produkte       hoch                                mittel                                      Taiwan, Polen, RUS

Organische Chemie        hoch                                mittel                                      Japan, Korea, Malai

Auch die durchschnittliche Lohnsituation spiegelt ein Potential in unterschiedlichen Länder wieder

Land                           Stundenlohne in EUR

China                         3,0 (Peking)         Hainan 1,5                        bei hohen Steigerungen p.a.

Taiwan                      9,0

TCH                          8,0

Türkei                       3,7

Mexiko                      2,1

Vietnam                   1,4

Indien                      0,5

Dazu kommen Faktoren wie Infrastruktur, Ausbildungsstand, politische Stabilität, Inflation, Korruption u.a.m.

In der Sourcingliste der Zukunft sind auch eine Reihe von europäischen Ländern aufgeführt.

Der Gesetzgeber behält sich eine Genehmigung von ausländischen Direktinvestitionen in definierten Bereichen vor. Firmen sollen oder wollen unabhängiger werden, doch das ist schwieriger als gedacht. Ein konsequentes Nearshoring ist zu teuer, das wird dort stattfinden, wo neue Technologien, zu hohe Frachtkosten, steigende Zölle letztlich keine Stückkostenvorteile mehr bringen. Aber auch hier wird die Veränderung Schritt für Schritt stattfinden. Statt finaler Produkte wird die Beschaffung von (hochwertigen) Komponenten ein Multisourcing ermöglichen und damit Abhängigkeiten reduzieren. Gleichzeitig müssen aber innerhalb Europas Industrieparks entstehen, die auf Basis wettbewerbsfähiger Kosten Assembling ermöglichen. Einige europäische Regionen gehen bereits diesen Weg (z.B. Thüringen in Deutschland).

Tendenziell wird die Verlagerung von Teilen der Lieferkette die Inflation erhöhen. Einer deutliche Reduktion des Fachkräftemangels wird sehr hohe Priorität einzuräumen und eine besondere Herausforderung sein.

https://news.wko.at/news/steiermark/Wie-man-Lieferketten-stabiler-macht.html

https://www.saurugg.net/2020/blog/krisenvorsorge/wie-robust-sind-die-oesterreichischen-lieferketten

China: Konzentration auf Hochtechnologie und Home Market, Produktionsverlagerungen

Stückkosten: Werden im Offshore-Bereich überdimensioniert ansteigen (Zölle, Transportkosten/Dekarbonisierung, steigende Personalkosten in den Emerging Markets)

Verantwortung: Nachhaltigkeit – Offenlegung und Verantwortung für die gesamte Transportkette

Verfügbarkeit: Ausbau der Lagerkapazitäten, dezentrale Läger

Lieferkette: Verkürzung durch Multisourcing und Assembling in Europa

Beschaffung: Erhöhung Beschaffungs Know How (eigen oder Dienstleistung)

Logistik: Zunahme Zollfreiläger (bonded warehouse) und dezentrale Läger

Kooperationen: Vereinbarung mit Transport Management System Anbieter

Die Transparenz der Supply Chain durch integrierte Systeme für Lieferketten wird die internationalen Transportketten sicherer und planbarer machen. Möglich wird das über Plattformen, mit Standardschnittstellen zu den Partnern in der gesamten Supply Chain. Diese Systeme gibt es bereits, als Beispiel soll „TMS – Transport Management System" erwähnt werden Dem Grunde nach funktionieren diese Systeme ähnlich wie die Track und Trace-Systeme (Sendungsverfolgung). Die TMS Systeme sind thematisch viel komplexer. Inhaltlich wird die Integration weiter zunehmen


Die Systeme sind „cloud basiert", damit kann der Kunde stets in das System einsteigen mit oder ohne Schnittstelle zum eigenen ERP-System und damit geeignet für große und kleine Kunden. Im Lauf der Zeit werden immer mehr Partner über Schnittstellen angebunden sein (Produzent, Frachtführer, Reeder, Häfen usw.). Die Entwicklungen werden über eine Vielzahl von Kundenanforderungen und wohl auch Start Ups weiter getrieben werden.

Zu beachten sind hier auch logistische Trends, die in einer Erweiterung der Transportmöglichkeiten liegen (Stichwort: silk and economic belt).

Die Digitalisierung im Beschaffungsprozess bietet zudem zusätzlichen Lösungen, um Einkaufsabteilungen zu entlasten, mehr Transparenz zu schaffen, Planungssicherheit zu geben und Risiken zu analysieren. Insbesondere Lösungen in den Bereichen Crowdsourcing, Demand Supply-Planning, Supplier Relationship-Management, Supply Risikoanalyse, Audit-Tools und Logistik können helfen, belastbare Lieferketten aufzubauen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Transport_Management_Software



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