By Roland Streibich on Mittwoch, 19. Juni 2024
Category: Case Studies

Stahlbau: Restrukturierung als interimistischer CRO / GF

Branche: Stahlbau (mittelständisches Produktionsunternehmen)

Linienfunktion: General Management (CRO und Geschäftsführer)

Thema: Restrukturierung und Unternehmensverkauf (M&A-Projekt)

Umsatz: ca. 20 Mio. Euro p.a.

Mitarbeiter/innen: ca. 100 Vollzeitstellen

I. Kurzzusammenfassung des Cases

Restrukturierung des Stahlbauunternehmens ab 01/2022 als Generalbevollmächtigter mit Erstellung einer Analyse und einer Konzeption, danach Ausarbeitung eines Maßnahmenplans mit Meilensteinen (Restrukturierungsberatung), und ab 04/2022 operativ als interimistischer Geschäftsführer (zweiköpfige Geschäftsführung)

II. Beschreibung des Kunden

Das vor allem im Westen und Norden von Deutschland sowie im benachbarten Ausland tätige, mittelständische Stahlbauunternehmen hatte sich bisher auf die Geschäftsbereiche architektonische Sonderprojekte, Kraftwerks- und Anlagenbau, Hoch- und Hallenbau, Sportstättenbau sowie Verkehrswegebau (insbesondere Stahlbrücken) spezialisiert. Der konstruktive Stahlbau wird definiert als die Verbindung von gewalzten Stahlträgern, Blechen und Rohren aus Baustahl mittels Verschweißen und Verschrauben. Das Unternehmen hatte in den letzten Jahren eine Betriebsleistung in Höhe von durchschnittlich ca. 20 Mio. Euro p.a. erzielt, jedoch mit rückläufiger Tendenz.

III. Ausgangslage/Herausforderung des Interim Projektes

Die Betriebsleistung wurde bisher zu 100 % allein aus dem Projektgeschäft erzielt. Es fehlt ein sog. "Grundrauschen" durch z.B. mehrjährige Rahmenverträge.

Die jährliche Betriebsleistung verlief seit 2019 rückläufig. Das Stahlbauunternehmen zeigte seit 2019 eine negative Ergebnisentwicklung auf (Erfolgskrise).

Das Unternehmen profitierte in den letzten Jahren von den Ergebnisbeiträgen einer Beteiligungsgesellschaft.

Die Geschäftskosten der Gesellschaft (insbesondere Personalkosten) wurden nicht im gleichen Maße der rückläufigen Entwicklung angepasst.

Es bestand eine Auftragsnot. Das Füllen der Auftrags-Pipeline erforderte höchste Priorität.

Die Produktivität und Rentabilität der Produktion mussten erheblich gesteigert/verbessert werden.

IV. Ursprüngliche Ziele / Aufgaben des Projektes

V. Maßnahmen und Umsetzungsschritte

Füllen der Auftrags-Pipeline durch den Vertrieb (Stärkung der Leistungsseite)

Konsequente Selektierung der Anfragen auf Passgenauigkeit, Erhöhung der Ziel-Trefferquote auf +/- 10 %, temporäre Absenkung der Gemeinkosten und den Verzicht auf prozentuale Wagnis + Gewinnzuschläge bei Angeboten für kurz-/mittelfristig auszuführende Projekte (Auftragsgewinnungsstrategie), Lessons Learned aus vorherigen Kalkulationen (Soll-Ist-Vergleiche)

Signifikante Reduzierung der Gemeinkosten im Bereich Angestellte (Reduzierung Overhead-Kosten)

Soweit und wo möglich, sozialverträgliche Reduzierung der Personalkosten insbesondere im Angestelltenbereich um ca. 15 % durch zum Teil betriebsbedingte Kündigungen, Abschluss von Aufhebungsverträgen, durch Eigenkündigungen, Nutzung aktuelle Regelungen Altersteilzeit.

Intensivierung Projekt-Controlling und Implementierung Produktions-Controlling

Hebung der Einsparpotentiale in der Produktion (Kostenreduzierung)

Von einer auf Lean Management spezialisierten Beratungsgesellschaft wurde eine Berechnung der möglichen Einsparpotenziale in der Produktion und im Office-/Verwaltungs-Bereich für den Zeitraum 2022 bis 2023 durchgeführt. Diese Berechnungen wurden vom Interim Manager plausibiliert und operationalisiert. Die in 2022 die gewonnenen Erkenntnisse der geförderten Stoffstromanalyse und Wertstromanalyse wurden durch Arbeitsgruppen der Produktion unter der Leitung der Geschäftsführung umgesetzt. Diese Maßnahmen dienten der nachhaltigen Verbesserung der innerbetrieblichen Prozesse und Abläufe (Ablauforganisation)

Weitere Ausrollung ERP-System im gesamten Unternehmen (Vorantreibung Digitalisierung)

Unter der Anleitung von internen Key-Usern und mit Unterstützung des beauftragten Software-Unternehmens, wurden in Workshops den Abteilungen das ERP-System erläutert und die zukünftigen Nutzer geschult. Diese Branchenlösung verbindet die Planung, Steuerung und Kalkulation in Stahlbauunternehmen mit der Betriebsdatenerfassung (BDE) und dem Enterprise Ressource Planning (ERP) auf Basis einer einheitlichen Datenhaltung. Mit diesen umgesetzten Maßnahmen wird im Unternehmen die Digitalisierung weiter vorangetrieben. Durch diese Digitalisierung erwartet die Gesellschaft eine deutliche Beschleunigung der unternehmensinternen Prozesse und Abläufe.

Marktentwicklung und Marktausbau des neuen Geschäftsfeldes Mastgitterbau (Strommaste)

Um in Zukunft die Betriebsleistung weiter erhöhen zu können, wurde in 2022 das neue Geschäftsfeld Mastgitterbau mit dem Ziel gegründet, auch Energieversorgungsunternehmen und Übertragungsnetzbetreiber als Neukunden für das Unternehmen gewinnen zu können. In Deutschland gibt es insgesamt 4 überregional agierende Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB). Deren Investitionsvolumen beträgt in den kommenden Jahren mehrere Milliarden Euro, da der Strom aus den erneuerbaren Energien (Windkraftanlagen) mittels noch zu errichtender, weiterer Leitungsnetze (Freileitungen) von Norden nach Süden transportiert werden muss (Sicherstellung der Energiewende in Deutschland). Die notwendigen Präqualifikationsverfahren wurden in 2022 erfolgreich gestartet und sollen mit weiteren Probelieferungen im 1. Halbjahr 2023 erfolgreich beendet werden. Ebenfalls sollen durch die erfolgreiche Teilnahme an Ausschreibungen mehrjährige Rahmenverträge gewonnen werden.

VI. Vertrauen bildende Kommunikation zu Beginn und während der Restrukturierung

Zur Feststellung der individuellen Motivation und erlebten Belastungen, der positiven und kritischen Aspekte des betrieblichen Geschehens, der Führung und Zusammenarbeit, der Information und Kommunikation, der internen Bewertung der Personalpolitik und Unternehmensleitung, des Firmenimages und der Unternehmenskultur sowie eines Blicks in die Zukunft wurden von dem Interim Manager in der Analysephase vor Ort insgesamt 17 strukturierte Einzel-Interviews mit den Führungskräften der Gesellschaft (Einzelgespräche) durchgeführt. Das sorgte von Beginn an für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Führungskräften und dem Interim Manager. Damit konnten vom Interim Manager auch unpopuläre Maßnahmen leichter umgesetzt werden.

Um während der laufenden Restrukturierung informativ gerecht zu werden, wurden die monatlichen, turnusmäßigen Reports des Unternehmens in Form von Geschäftsberichten durch wöchentliche Projektstatusberichte des Interim Managers an den Gesellschafter ergänzt. Ebenfalls fanden turnusmäßige, wöchentliche telefonische Abstimmungen zwischen dem Gesellschafter und Interim Manager statt.

„Vertrauen ist kostenrelevant! Nichts wirkt schneller und einfacher als Vertrauen – in allen Situationen" ("Schnelligkeit durch Vertrauen" Autor Stephen R. Covey)

VII. Unerwartet aufgetretene Probleme / Herausforderungen während des Projektes

Im September 2022 kündigten unerwartet der angestellte Geschäftsführer und der angestellte kaufmännische Leiter. Im Oktober 2022 musste der angestellte Produktionsleiter wegen anhaltender gesundheitlicher Probleme durch einen interimistischen Produktionsleiter ersetzt werden. Dies hatte zu Folge, dass neben dem operativen Geschäft und den laufenden Restrukturierungsmaßnahmen zusätzlich möglichst stahlbauerfahrene Führungskräfte der Führungsebenen I und II. gesucht und gefunden werden mussten (Executive Search).

Dies ist uns trotz des bestehenden Fach- und Führungskräftemangels und der operativen Mehrbelastung gelungen. So konnten wir im Oktober 2022 einen produktionserfahrenen Interim Manager als Produktionsleiter und mit Unterstützung eines Headhunters im Januar 2023 einen neuen, angestellten Geschäftsführer und im Februar 2023 einen stahlbauerfahrenen, interimistischen Vertriebsleiter gewinnen. Ebenfalls wird im Juli 2023 ein neuer angestellter Werks-/Produktionsleiter seine Tätigkeit für das Stahlbauunternehmen aufnehmen.

Es zeigte sich aber auch, dass in der Produktion der Automatisierungsgrad vorangetrieben und in neue Maschinen, Anlagen investiert werden muss. Die angeschobenen und bisher umgesetzten Maßnahmen zur Prozessoptimierung werden alleine nicht ausreichen um nachhaltig die Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen.

Auch das Geschäftsjahr 2022 war noch stark von der Corona-Pandemie geprägt gewesen. Hinzu kamen im IV. Quartal 2022 erhöhte Krankenstände durch Grippe und Atemwegserkrankungen.

Das Geschäftsjahr 2022 wurde zusätzlich stark von den wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Krieges beeinflusst, die sich insbesondere in sehr hohen Materialpreissteigerungen im Bereich Stahl und Bleche sowie eingeschränkten Materialverfügbarkeiten zeigten (gestörte Lieferketten).

Die dadurch ebenfalls stark gestiegenen Energiekosten für Gas und Strom werden sich aufgrund noch existierender Lieferverträge schwerpunktmäßig erst im Geschäftsjahr 2023 auswirken.

VIII. Welche Erfolge und Ergebnisse brachte der Interim Management Einsatz, was war der persönlich erkennbare Beitrag des Interim Managers?

Dem in der Stahlbranche anhaltenden Preis- und Wettbewerbsdruck wird das Unternehmen durch eine inzwischen stärker marktangepasste Aufbau- und Ablauforganisation und klare Fokussierung auf ausgewählte Marktsegmente und Kundenzielgruppen begegnen (Selektierung statt „Bauchladen").

Die Gesellschaft wird ab 2023 ihre Marktaktivitäten insbesondere auf folgende Segmente und Kundenzielgruppen konzentrieren, um die Auftrags-Pipeline mit größeren Aufträgen zu füllen:

Die erste Hebung der Einsparpotentiale zeigte sich in der Reduzierung der kostspieligen Nacharbeiten (Qualitätsverbesserung) innerhalb der Produktion und einer verbesserten Fertigungssteuerung.

Unter der Leitung des Interim Managers mit Einsatz und Steuerung eines externen Headhunters für den Executive Search wurden drei vakante Führungspositionen (Geschäftsführer, Vertriebsleiter und Produktionsleiter) mit stahlbauerfahrenen Managern neu besetzt.

Die mit dem Gesellschafter und Aufsichtsrat in 2022 vereinbarte Reduzierung der Personalkosten im Angestelltenbereich (Overhead) um 15 % wurde vom Interim Manager vollständig umgesetzt.

Weiterhin werden sich die bereits in 2022 durchgeführten und zuvor beschriebenen Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation auch ab 2023 positiv auswirken. Darüber hinaus konnten wir einen weiteren signifikanten Kostenreduzierungsbetrag in Verhandlungen mit der Vermieterin der Liegenschaft der Gesellschaft realisieren, wodurch wir deutliche Mietkosteneinsparungen in 2023 und in 2024 erzielen werden.

Auf Initiative des eingesetzten Interim Managers haben die Gesellschafter zur strukturellen Veränderung des Unternehmensaufbaus und Stärkung der Liquidität beschlossen, den Geschäftsbetrieb eines Tochterunternehmens inkl. der Grundstücke an einen strategischen Investor zu veräußern. Die Verhandlungen mit dem strategischen Investor sind weit fortgeschritten, so dass wir aktuell von einem erheblichen Liquiditätszufluss spätestens im Jah 2024 ausgehen.

Sowohl das aufgelegte und umgesetzte umfangreiche Programm zur Kostenreduzierung als auch zur Effizienzsteigerung, die Neubesetzung von Führungspositionen, als auch der eingeleitete strukturierte Verkaufsprozess, trugen klar erkennbar die Handschrift des als CRO / Geschäftsführer eingesetzten Interim Managers.

Die Gesellschaft ist bilanziell nicht überschuldet und wird aus den vorgenannten Maßnahmen die Liquiditätssituation beherrschen können.

IX.Was sind Ihre Schlüsselerkenntnisse (Key Learnings) aus diesem Projekt, die ggfs. auch für andere Interim Manager oder Kunden von Interesse sein könnten?

Key Learning Nr. 1 Fachliche und persönliche Eignung und Befähigung der CRO's

Restrukturierungsmandate erfordern branchenerfahrene, fachlich befähigte und umsetzungsstarke Interim Manager, Meister ihres Fachs.Manager, die halten was sie „versprechen" und liefern, was die Auftraggeber von ihnen erwarten:

„High Performance at its best". „Delivery in time and quality"

Key Learning Nr. 2 Analyse, Konzeption und Umsetzung der Problemlösung (Methodik)

Jedes Restrukturierungsmandat erfordert für die Problemlösung zuerst eine gründliche Analyse der vorliegenden Unternehmenskrise, eine fundierte schriftliche Konzeption (plausibles, nachvollziehbares und transparentes Sanierungskonzept) mit Maßnahmenplänen und Meilensteinen und darauf aufbauend den starken Fokus auf die Umsetzung der Problemlösungen in allen unternehmerischen, betriebswirtschaftlichen und technischen Funktionsbereichen.

Key Learning Nr. 3 Vertrauensvolles Handeln mit Einbeziehung aller Stakeholder

Die Restrukturierungsmanager (CRO) müssen ihre Entscheidungen und ihre Handlungen als Interim Manager gemäß dem etablierten berufsständischen Ehrenkodex stets am Wohlergehen der Auftraggeber, den Unternehmen und deren Mitarbeitern/innen, deren Gesellschaftern sowie Kunden und Kreditgebern ausrichten (Stakeholder).

Gemäß dem Ehrenkodex der DDIM – Dachgesellschaft Deutsches Interim Management habe ich meine Entscheidungen und meine Handlungen stets am Wohlergehen aller Stakeholder ausgerichtet. D.h. ich habe die Aufgabenstellungen der Kunden immer ganzheitlich betrachtet, und dabei partnerschaftlich, vertrauensvoll und ethisch gehandelt.

„Vertrauen ist kostenrelevant! Nichts wirkt schneller und einfacher als Vertrauen - in allen Situationen".

Key Learning Nr. 4 Führungsverständnis / Leadership

Zur akzeptierten Führungskraft gehört, dass sie Visionen hat, daraus Ziele ableitet, Strategien entwickelt und umsetzt sowie als Vorbildfunktion Werte verkörpert (Mitarbeiter fordern und fördern, motivierend und menschlich sein). Die Führungskraft muss daran denken, dass qualifizierte und motivierte Mitarbeiter neben innovativen Produkten und Dienstleistungen das größte und entscheidende „Anlagevermögen" des Unternehmens sind.

"Als gestandener Interim Manager stehe ich für eine nachhaltige Unternehmensführung nach werteorientierten Prinzipien (Nachhaltigkeit, Integrität, Vertrauen, Verantwortung und Respekt)".

Gefordert sind aber auch echte Teamplayer mit Führungsqualitäten, die begeistern, überzeugen und motivieren können. Neben ihrer Expertise, einer starken Persönlichkeit, und ausgeprägter sozialer Kompetenz, zeichnet sie als KEYPLAYER Interim Management) dieser unbedingte Einsatzwille, wirkliche Leidenschaft und die innere Überzeugung aus, ihre Mission immer erfolgreich abschließen zu wollen.

„Insbesondere als CRO eingesetzte Interim Manager benötigen „Extra"- Leadership-Skills gepaart mit Passion und hoher Resilienz"

Key Learning Nr. 5 Interdisziplinäre Aufgabenstellung Restrukturierung

Um Unternehmen in schwierigen Zeiten erfolgreich zu führen, aus einer Krisensituation heraus zu sanieren, vor einer Insolvenz zu retten oder wieder Wachstum zu erzeugen, spielt die effiziente Kommunikation zwischen Restrukturierungsmanagern (CROs), Unternehmensleitung, Gesellschaftern und Kreditgebern, Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern eine entscheidende Rolle. Interdisziplinäre Zusammenarbeit verbietet Silodenken! - Restrukturierung 2023

„Der interimistische CRO kann nicht alleine die Welt (hier das Krisenunternehmen) retten, er muss ein leistungsfähiges Team zusammenstellen!"

Die vorstehend genannten Key Learnings gelten sinngemäß auch für M&A + Post-Merger-Integrations (PMI) - Projekte!

Roland Streibich MBA
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