By Hansjörg Müller on Donnerstag, 03. Februar 2022
Category: Tschechien

Schwermaschinenbau: Wiedergewinnung des Kundenvertrauens durch Termintreue

Branche: Maschinenbau (für die Bergbauindustrie, Energiegewinnung, Schiffbau, Automotive)

Linienfunktion: General Management – CEO/CRO

Themen: Change Management, Restrukturierung, Supply Chain Management, Prozess-Optimierung, Termintreue, Tschechien

Umsatz:  20-25 Mio. Euro

Mitarbeiter: 360

Aufgabe: Weltweit tätige Großanlagenbauer lassen wesentliche Teile bei diesem Auftragsfertiger in Tschechien herstellen wie z. B. Ball- und SAG-Mühlen, Ringmotoren, Brecher, Turbinengehäuse, Unterkonstruktionen, Verbindungsteile und Laufrollen. Auf der Grundlage detaillierter Kundenzeichnungen erfolgt die Umsetzung durch Schweißen, Fräsen, Drehen und Bohren. Zu Projektbeginn mussten hohe Pönale aufgrund mangelnder Termintreue gezahlt werden, was sich wiederum auf Produktionsfehler durch Zeitdruck und Auftragsrückgänge aufgrund unzufriedener Kunden auswirkte. Zuerst holten mich die deutschen Inhaber als Berater, um ihnen einen ungeschminkten Bericht der Situation zu liefern, anschließend betrauten sie mich als CEO/CRO mit der Umsetzung, die ich nach meinem Rückzug aus dem operativen Geschäft weiter als deren Vertrauensmann bzw. „Wachhund" begleitete.

Lösung: Zuerst tat ich das, was ich immer tue, wenn ich neu in ein Unternehmen komme: ich redete mit möglichst vielen Mitarbeitern und hörte aufmerksam zu, um mir ein Bild der Lage zu machen. Vor allem divergierende Schilderungen ein und derselben Situation zwischen einfachen Mitarbeitern und Managern zeigen sofort, wo das Problem liegt.

Das Kernproblem erkannte ich schnell in der mangelhaften Abstimmung zwischen Vertrieb, Produktion und Finanzen. Der Vertrieb versprach den Kunden schnelle Lieferungen zu niedrigen Preisen, die weder produktionstechnisch noch zu den notwendigen Deckungsbeiträgen realisierbar waren. Davon ausgehend entstanden Zeitdruck, Qualitätsmängel, finanzielle Verluste für die Inhaber und demotivierte Mitarbeiter.

Zur Lösung musste ich die Supply Chain neu aufsetzen, wobei Ausgangspunkt die Kundenbeziehungen waren. Jeden wesentlichen Kunden besuchte ich persönlich, holte mir die Bestätigung ein, dass meine Analyse richtig war und kommunizierte, dass wir nur noch diejenigen Liefertermine und Preise zusagen würden, die wir auch einhalten könnten.

Entsprechend entließ ich den Widerstand leistenden Vertriebsdirektor und setzte die Vertriebsplanung neu auf. Ausgehend von dieser Neuausrichtung am Markt passte ich in der Folge die Prozesse in der Arbeitsvorbereitung, in der Materialbeschaffung und in der Produktion an. Bei jeder Prozessänderung erklärte ich den Mitarbeitern, wieso diese notwendig sei und forderte sie zu Vorschlägen auf, wie sie den Prozess optimieren würden, wenn sie darüber entscheiden könnten.

Es kamen logischerweise sehr gute Verbesserungsvorschläge, weil Mitarbeiter als Betroffene ihr Arbeitsgebiet besonders gut kennen. Ohne meine fließenden Kenntnisse der tschechischen Sprache wäre diese Vorgehen „direkt im Herzen des Unternehmens" – und damit der Projekterfolg – nicht möglich gewesen. Die wöchentliche Abstimmung mit den deutschen Inhabern erfolgte auf Deutsch und Englisch, Kundengespräche auf Deutsch, Englisch und Russisch, Lieferantengespräche auf Tschechisch, Deutsch und Englisch. Tschechisch sprechen reicht nicht aus, es kommt auf ein feinfühliges Verständnis der tschechischen Mentalität an. Trotz unmittelbarer geographischer Nähe und einer gemeinsamen Geschichte über zehn Jahrhunderte sind die Mentalitätsunterschiede zu Deutschland oder Österreich beträchtlich und sollten nicht unterschätzt werden.

Ergebnis: Die Mitarbeiter bezog ich in die Veränderungsprozesse aktiv ein, was das tschechische Management vorher nicht verstand hatte. Das funktioniert nur über klare Ansagen und direktes Zuhören in deren Muttersprache Tschechisch, über deutsch- bzw. englischsprachige Behelfskommunikation würden die entscheidenden Informationsbestandteile verloren gehen.

Gegenüber internationalen Kunden zog ich rote Linien des Machbaren und sorgte gleichzeitig für deren Einhaltung durch uns als Lieferanten, wozu ich die interne Prozesskette inkl. Produktion anpasste. Zufriedenere Kunden und Mitarbeiter sorgten für hohe Termintreue, damit deutlich reduzierte Pönalzahlungen, weniger Produktionsfehler und einen um 11% erhöhten Auftragseingang, was die finanzielle Situation für die Inhaber verbesserte.

Hansjörg Müller
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