Immer mehr Unternehmen beschäftigen sich mit den Themen Fehler und Scheitern – und verwenden in diesem Zusammenhang oft den Begriff der Fehlerkultur. Hiermit soll ein kultureller Rahmen beschrieben werden, in dem Fehler gemacht werden dürfen, ohne das dies zu Sanktionen führt – insofern die Fehler nicht vorsätzlich und leichtfertig gemacht wurden. Unternehmen reagieren mit diesem Ansatz auf die dynamischen Veränderungen in ihrer Umwelt und auf die Verbreitung sogenannter agiler Führungs- oder Arbeitsmethoden, die auf schnelle Lernzyklen setzen: Ideen sollen unmittelbar ausgeführt und mit kurzen Überprüfungsschleifen geprüft werden, inwieweit es sich lohnt, die Ideen weiter zu verfolgen.
Eine Fehlerkultur soll Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu anregen, mehr Risiken zu wagen und neue Wege auszuprobieren. Dieser Ansatz im Sinne von persönlichem und unternehmerischem Lernen ist in einer unsicheren, dynamisch komplexen und mehrdeutigen Welt sicherlich sehr sinnvoll. Leider steht diesem jedoch in vielen Unternehmen eine traditionelle Unternehmenskultur gegenüber – die geprägt ist von Perfektion, Fehlerfreiheit und Planbarkeit.
Fehlerkultur vs. Vertrauenskultur
Im Sinne einer industriellen Fertigung waren diese Anforderungen über viele Jahrzehnte richtig – in Zeiten, in denen die Prämissen von Entscheidungen womöglich schon morgen widerlegt und nichtig sind, führen diese Ansätze zu langsamen Reaktionen, fehlendem Mut, Neues auszuprobieren und zu einer mangelnden Fähigkeit, sich an die stattfindenden Veränderungen anzupassen. Meines Erachtens ist der Begriff Fehlerkultur unglücklich gewählt, da er den Fokus auf den Fehler legt – was mit ein Grund dafür sein dürfte, warum sich viele Führungskräfte mit dem Begriff so schwertun. Ich bevorzuge in diesem Zusammenhang von einer Vertrauenskultur zu sprechen. Eine Kultur, in der Führungskräfte, Vertrauen in ihre Mitarbeitende haben und ihnen damit Spielräume, Entscheidungsfreiheiten und auch die Möglichkeit für ein Risiko übertragen. Und auf der anderen Seite eine Kultur, in der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Vertrauen in die Führung und Kolleginnen wie Kollegen haben und einen Fehler machen können, ohne mit personellen oder disziplinarischen Konsequenzen rechnen zu müssen.
Die Harvard Professorin Amy C. Edmondson spricht hier auch von einer »fearless organisation«, also von angstfreien Unternehmen, in denen Mitarbeiter sich nicht zurückhalten, sondern mutig Initiativen starten, ihre Meinung äußern und Anregungen geben können. Ein Umfeld, in dem Mitarbeiter nicht versuchen, Fehler zu verbergen, sondern offen kommunizieren und damit für sich selbst aber auch für andere eine Lernerfahrung ermöglichen.
Projekte scheitern nicht nur, weil Prämissen oder Hypothesen falsch getroffen oder interpretiert wurden oder weil sich in die Umsetzung menschliche Fehler eingeschlichen haben. Projekte scheitern auch, weil Mitarbeiter aus Angst wichtige Bemerkungen und Beobachtungen zurückhalten und damit aus reiner Vorsicht heraus weniger kommunizieren. Fehler können so nicht behoben – und nicht genutzt werden.
Neue Erfolge feiernPsychosoziale Sicherheit gilt als eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Teams. Das bedeutet, die Sicherheit zu haben, dass ein Fehler oder eine Schwäche, ein schlechter Tag oder ein Irrtum nicht zu negativen Konsequenzen führt, sondern vom Team konstruktiv aufgenommen und unterstützt wird. Das Team gibt jedem einzelnen Teammitglied die Sicherheit, als Mensch angenommen und akzeptiert zu werden. Nichts anderes beschreibt der Begriff Vertrauenskultur, nämlich die Sicherheit, im Unternehmen als Mensch mit Stärken und Schwächen, mit Erfolgen aber auch mit Misserfolgen und Fehlern respektiert und anerkannt zu werden. Vielen Unternehmen, Abteilungen und Teams täte eine solche Vertrauenskultur sehr gut – die Erfolge, die daraus erwachsen, würden die entstandenen Kosten der Fehler und Irrtümer mit Sicherheit deutlich übersteigen.
Vertrauen ist eine der wichtigsten Führungsaufgaben in einer sich schnell ändernden, digitalen und agilen Welt.
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Bert Overlack ist Experte für Unternehmer-Erfolg und hat über 20 Jahre lang sein eigenes Unternehmen geführt – mit 270 Mitarbeitern, an 5 Standorten in Europa und Kunden in 43 Ländern. Unternehmensnachfolge, Internationalisierung und Erfolg sind für ihn ebenso Begriffe wie Marktzusammenbruch, Insolvenz und Neuaufbau. Heute berät und begleitet Bert Overlack Unternehmer, die ähnliches erlebt haben wie er, aber auch solche, die bereits erfolgreich sind und strategisch noch weiter an ihrem unternehmerischen Erfolg feilen möchten. Er ist für sie ebenbürtiger Ansprechpartner, Sparringspartner und Scout – und richtet damit den Fokus immer auf Wissenschaft, Praxis und den Markt und wie diese Bewegungen für seine Kunden interessant sein könnten. Sein Credo: Familiengeführte Unternehmen sind meine Welt!