Branche: Unternehmensnahe Dienstleistungen
Linie: CFO
Thema: Reporting, Finanzplanung, Unternehmenssteuerung, Microsoft Business Central, ERP-Implementierung, Stakeholdermanagement
Umsatz: 50 Mio. Euro
Mitarbeiter: 250
Ausgangssituation
Eine mittelständische Unternehmensgruppe bestehend aus vier unterschiedlichen Gesellschaften mit insgesamt ca. 250 Mitarbeitern und einem konsolidierten Jahresumsatz von 50 Millionen Euro stand vor der Herausforderung, ihre Finanz- und Planungsprozesse zu harmonisieren und zu optimieren. Alle vier Gesellschaften sind im B2B-Dienstleistungssektor tätig, jedoch mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen und Kundenstrukturen.
Alle Gesellschaften nutzten Sage 100 als ERP-System, jedoch in separaten Instanzen und mit unterschiedlichen Anpassungen. Zudem setzte die Gruppe Microsoft 365 für die Bürokommunikation und Zusammenarbeit ein. Diese IT-Landschaft führte zu zahlreichen Herausforderungen:
- Isolierte Sage 100-Instanzen in den verschiedenen Gesellschaften ohne gemeinsame Datenbasis
- Extensive Excel-Nutzung für gesellschaftsübergreifende Auswertungen und Planungen
- Unterschiedliche Kennzahlen zur Messung des Geschäftserfolgs (Auslastung, Conversion Rates, Kundenzufriedenheit, Vertragsverlängerungsquoten)
- Verschiedene Abrechnungs- und Umsatzrealisierungsmodelle (projektbasiert, nutzungsbasiert, zeitbasiert, vertragsbasiert)
- Komplexe manuelle Konsolidierungsprozesse auf Gruppenebene
- Zeitaufwändige Erstellung von Gesellschafts- und konsolidierten Gruppenberichten
- Uneinheitliche KPIs und Bewertungsmethoden zwischen den Gesellschaften
- Inkonsistente Daten und fehleranfällige Prozesse bei der Zusammenführung von Informationen
- Schwierigkeiten bei der Erstellung von Prognosen und "What-if"-Szenarien auf Gruppenebene
- Lange Reaktionszeiten bei wichtigen strategischen Entscheidungen
- Ineffiziente Ressourcenallokation zwischen den Gesellschaften
Die Konzernleitung hatte bereits strategisch entschieden, mittelfristig von Sage 100 auf Microsoft Dynamics Business Central als ERP-System umzustellen, um die IT-Landschaft zu konsolidieren und Synergien mit der bestehenden Microsoft 365-Umgebung zu nutzen. Diese bevorstehende Migration sollte bei der Auswahl einer Reporting- und Planungslösung berücksichtigt werden.
Zielsetzung
Mit der Implementation eines integrierten Reporting- und Planungstools wurden folgende Ziele definiert:
- Schaffung einer einheitlichen Datenbasis ("Single Source of Truth")
- Automatisierung von Routineaufgaben im Reporting
- Reduzierung der Zeit für die Berichterstellun um mindestens 50%
- Verbesserung der Datenqualität und -konsistenz
- Ermöglichung von Echtzeit-Analysen und dynamischen Prognosen
- Integration von Finanz- und operativen Daten
- Implementierung eines rollenbasierten Zugriffskonzepts
Lösungsansatz
Angesichts der strategischen Ausrichtung auf Microsoft-Produkte und der geplanten Migration von Sage 100 auf Microsoft Dynamics Business Central war Microsoft Power BI als Reporting- und Planungslösung von Beginn an gesetzt. Diese Entscheidung basierte auf der angestrebten nahtlosen Integration in das Microsoft-Ökosystem sowie den erwarteten Synergien mit der zukünftigen ERP-Landschaft.
Die Microsoft Power Platform, bestehend aus Power BI Premium, Power Apps und Power Automate, wurde als integrierte Lösung implementiert, um die unterschiedlichen Anforderungen der vier Gesellschaften abzudecken. Ausschlaggebend für diese Entscheidung waren:
- Die nahtlose Integration in die bestehende Microsoft 365-Landschaft
- Maximale Kompatibilität mit der geplanten Microsoft Dynamics Business Central-Implementation
- Die Nutzung bestehender Lizenzvereinbarungen und Fachkompetenz im Microsoft-Umfeld
- Die Möglichkeit der schrittweisen Implementation und Skalierung
- Die fortschrittlichen Datenmodellierungsfähigkeiten für die unterschiedlichen Geschäftsmodelle der Gesellschaften
Die gewählte Lösung bot folgende Kernfunktionalitäten:
- Zentrale Datenspeicherung mit direkten Schnittstellen zu Sage 100 und zukünftig zu Microsoft Dynamics Business Central
- Power BI Dataflows für ETL-Prozesse und Datenintegration aus verschiedenen Quellen
- Umfangreiche Visualisierungs- und Analysemöglichkeiten durch Power BI
- Maßgeschneiderte Dashboards für die unterschiedlichen Anforderungen der vier Gesellschaften
- Interaktive Planungsformulare mit Power Apps für Budgetierung und Forecasting
- Rollenbasierte Zugriffssteuerung über Azure Active Directory (jetzt Microsoft Entra ID)
- Mobile Zugriffsmöglichkeiten für Führungskräfte über die Power BI Mobile App
- Automatisierte Benachrichtigungen und Workflows über Power Automate
Implementierungsprozess
Die Implementation erfolgte unter meiner Leitung als CFO. Das Projektteam war crossfunktional und hierarchieübergreifend zusammengesetzt. Elementar erschien, dass das Team sowohl die prozessuale Businessseite als auch die informationstechnologische Seite gleichwertig repräsentierte. Das Team setzte sich zudem aus Vertretern aller vier Gesellschaften sowie verschiedener Funktionsbereiche zusammen, um die unterschiedlichen Perspektiven und Anforderungen optimal zu berücksichtigen. Für den Projekterfolg war das Stakeholdermanagement von zentraler Bedeutung und wurde von mir persönlich verantwortet.
Die Implementation erfolgte in mehreren Phasen über einen Zeitraum von sechs Monaten, wobei besonderes Augenmerk auf die Integration mit Sage 100 und die Vorbereitung für die spätere Microsoft Dynamics Business Central-Migration gelegt wurde:
Phase 1: Analyse und Konzeption (6 Wochen)
- Durchführung von Einzelinterviews mit Geschäftsführern und Abteilungsleitern aller vier Gesellschaften
- Workshops mit Key Stakeholdern zur Identifikation der wichtigsten Reporting-Anforderungen
- Detaillierte Ist-Analyse der bestehenden Prozesse und Systemlandschaft
- Analyse der Datenstrukturen in den vier Sage 100-Instanzen
- Definition von einheitlichen KPIs und Reportinganforderungen für alle Gesellschaften
- Erstellung eines Common Data Models mit Berücksichtigung der zukünftigen Microsoft Dynamics-Struktur
- Entwicklung von spezifischen Datenmodellen für die verschiedenen Geschäftsmodelle
- Regelmäßige Statusmeetings mit dem Führungskreis aller Gesellschaften
- Erstellung einer Roadmap mit Priorisierung der Implementation
Phase 2: Technische Implementation (10 Wochen)
- Einrichtung und Konfiguration von Power BI Premium
- Entwicklung von Dataflows zur Extraktion und Transformation der Daten aus Sage 100
- Aufbau eines zentralen Data Warehouses mit Power BI Datasets
- Erstellung eines semantischen Datenmodells in Power BI
- Entwicklung von Eingabemasken mit Power Apps für Planungszwecke
- Entwicklung von Power BI-Reports und Dashboards für alle vier Gesellschaften
- Implementation von DAX-Berechnungen (Data Analysis Expressions) für komplexe Kennzahlen und Konsolidierungen
Phase 3: Test und Optimierung (4 Wochen)
- Durchführung von Funktionstests und Datenvalidierung
- Überprüfung der Datengenauigkeit zwischen Sage 100 und Power BI
- Performance-Optimierung der Dataflows und Datasets
- Pilotbetrieb mit Key Usern aus allen vier Gesellschaften
- Anpassungen basierend auf Benutzer-Feedback
- Optimierung der DAX-Formeln und Berechnungsmodelle
Phase 4: Schulung und Roll-out (4 Wochen)
- Erstellung von gesellschaftsspezifischen Schulungsunterlagen
- Durchführung von rollenbasierten Schulungen (Report-Konsumenten, Power BI-Entwickler, Planungsverantwortliche)
- Aufbau eines internen Centers of Excellence für Power BI
- Schrittweiser Roll-out in allen Gesellschaften mit Schwerpunkt auf den jeweils kritischen Berichten
- Go-Live und Übergang in den Regelbetrieb
- Etablierung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses
Herausforderungen und Lösungen
Während der Implementation traten folgende Herausforderungen auf:
1. Datenintegration aus Sage 100
Die verschiedenen Sage 100-Instanzen wiesen unterschiedliche Anpassungen und Datenstrukturen auf.
Lösung: Entwicklung spezifischer Power BI Dataflows für jede Gesellschaft mit Normalisierung und Harmonisierung der Daten in einem einheitlichen Datenmodell.
2. Unterschiedliche Dienstleistungs-KPIs
Jede Gesellschaft hatte spezifische Kennzahlen zur Messung ihrer Dienstleistungsqualität und -profitabilität.
Lösung: Einsatz von DAX-Experten zur Entwicklung maßgeschneiderter Berechnungen für jedes Dienstleistungsmodell (z.B. Projektauslastung, Recurring Revenue, Service Response Times, Contract Renewal Rates) und Einrichtung von Calculation Groups für flexibles Reporting.
3. Limitierungen bei Planungsfunktionalitäten
Power BI bietet von Haus aus weniger Planungsfunktionalitäten als spezialisierte CPM-Tools.
Lösung: Kombination von Power Apps für Eingabeformulare, Power Automate für Workflows und Power BI Dataflows für die Datenspeicherung und -verarbeitung.
4. Vorbereitung auf ERP-Migration
Die Lösung musste sowohl mit Sage 100 als auch mit dem zukünftigen Microsoft Dynamics Business Central kompatibel sein.
Lösung: Entwicklung einer abstrakten Datenschicht in Dataflows, die weitgehend unabhängig vom Quellsystem funktioniert und einfach an die neue ERP-Struktur angepasst werden kann.
5. Verschiedene Abrechnungs- und Umsatzrealisierungsmodelle
Die vier Gesellschaften hatten unterschiedliche Ansätze zur Umsatzrealisierung (projektbasiert, nutzungsbasiert, zeitbasiert, vertragsbasiert).
Lösung: Implementation eines flexiblen Datenmodells, das verschiedene Umsatzarten und -zyklen abbilden kann, sowie spezifische Berichte zur Analyse von Recurring Revenue, Projektfortschritt und Vertragswerten.
6. Unterschiedliche Erwartungen und Bedenken der Stakeholder
Die Führungskräfte der vier Gesellschaften hatten teilweise divergierende Vorstellungen und Anforderungen.
Lösung: Es wurde ein systematisches Stakeholdermanagement eingeführt, das regelmäßige 1:1-Gespräche, Feedbackrunden und eine transparente Kommunikation der Projektziele und -fortschritte umfasste. Kritische Stakeholder wurden gezielt als "Change Champions" eingebunden.
Ergebnisse
Die Implementation von Microsoft Power BI als integrierte Reporting- und Planungslösung führte zu folgenden messbaren Ergebnissen:
- Reduzierung der Berichterstellungszeit um 65% durch automatisierte Datenintegration aus Sage 100
- Verkürzung des gruppenweiten Planungszyklus von 8 auf 4 Wochen
- Erhöhung der Forecast-Genauigkeit um 20% durch verbesserte Datengrundlage
- 80% Reduzierung von manuellen Dateneingaben und Excel-basierten Prozessen
- Verbesserte Ressourcenallokation zwischen den Dienstleistungsgesellschaften
- Erhöhte Transparenz über Auslastung, Rentabilität und Performance der verschiedenen Dienstleistungstypen
- Schnellere Reaktionszeiten bei kritischen Geschäftsentscheidungen durch Echtzeit-Dashboards
- Höhere Transparenz zwischen den vier Gesellschaften durch einheitliches Reporting
- Kosteneinsparungen durch Nutzung bestehender Microsoft 365-Lizenzen
- Verringerung des IT-Administrationsaufwands durch einheitliche Microsoft-Plattform
Qualitative Verbesserungen:
- Mehr Zeit für wertschöpfende Analysen statt Datensammlung und -integration
- Verbesserte Zusammenarbeit zwischen den vier Dienstleistungsgesellschaften mit Möglichkeiten für Cross-Selling
- Einheitliche Sicht auf Kundenzufriedenheit und Servicequalität über alle Dienstleistungstypen hinweg
- Höhere Transparenz über die unterschiedlichen Dienstleistungsmodelle hinweg
- Steigerung der Datenkultur und analytischen Kompetenz in der Unternehmensgruppe
- Bessere strategische Entscheidungen durch gesellschaftsübergreifende Analysen
- Nahtlose Einbindung in die täglichen Arbeitsprozesse durch Microsoft 365-Integration
Lessons Learned
Aus dem Projekt konnten folgende wichtige Erkenntnisse gewonnen werden:
1. Führungsrolle des CFO als entscheidender Erfolgsfaktor
Die direkte Projektleitung durch den CFO signalisierte die strategische Bedeutung des Projekts und sicherte die notwendige Unterstützung auf höchster Ebene.
2. Crossfunktionales Team als Schlüssel zur Akzeptanz
Die Zusammensetzung des Projektteams aus Vertretern aller Gesellschaften und verschiedener Hierarchieebenen ermöglichte eine breite Perspektive und förderte die Akzeptanz der Lösung.
3. Proaktives Stakeholdermanagement
Die frühzeitige Identifikation wichtiger Stakeholder und deren kontinuierliche Einbindung verhinderte Widerstände und schuf Unterstützung für das Projekt.
4. Microsoft-Ökosystem-Vorteile nutzen
Die Integration verschiedener Microsoft-Produkte (Power BI, Power Apps, Microsoft 365) schafft Synergien und reduziert die Gesamtbetriebskosten.
5. Datenstrategie vor Toolimplementation
Eine klare Datenstrategie mit Blick auf die zukünftige ERP-Migration war entscheidender als die technische Implementation des Tools.
6. Balance zwischen Standard und Anpassung
Für jede Gesellschaft wurde eine Balance zwischen standardisierten KPIs und gesellschaftsspezifischen Anforderungen gefunden.
7. Agile Implementation mit schnellen Erfolgen
Der schrittweise Roll-out mit schnell sichtbaren Erfolgen erhöhte die Akzeptanz und Motivation der Mitarbeiter.
8. Internes Knowhow aufbauen
Die Investition in die Ausbildung interner Power BI-Experten zahlte sich durch größere Flexibilität und geringere Abhängigkeit von externen Beratern aus.
9. Power BI für Planung erfordert kreative Lösungen
Die Kombination aus Power BI, Power Apps und Dataflows kann leistungsfähige Planungslösungen schaffen, erfordert aber kreative Ansätze und gute Kenntnisse der Plattform.
10. Data Governance von Anfang an
Ein klares Data Governance-Konzept verhinderte ein unkontrolliertes Wachstum von Reports und sicherte die Datenqualität.
Ausblick
Nach der erfolgreichen Implementation von Power BI als zentraler Reporting- und Planungsplattform sind folgende Ausbaustufen geplant:
- Migration zur Business Central: Nahtloser Übergang der bestehenden Power BI-Lösung zur Integration mit Microsoft Dynamics Business Central
- Erweiterung um Advanced Analytics: Integration von Power BI mit Azure Machine Learning für Predictive Analytics und Anomalieerkennung
- Ausbau der Planungsfunktionalitäten: Erweiterung der Power Apps-basierten Planungslösung um rollierende Forecasts und Szenarioanalysen
- Einführung von Power BI Embedded: Integration von Power BI-Berichten in Unternehmensportale und Kundenanwendungen
- Process Mining: Implementation von Prozessanalysen zur Optimierung der operativen Abläufe in den verschiedenen Gesellschaften
- Automatisierte Alarme und Benachrichtigungen: Ausbau der proaktiven Steuerung durch automatisierte KPI-Überwachung
- Mobile-First-Strategie: Optimierung aller Dashboards für den mobilen Zugriff durch Führungskräfte
Langfristig soll die Microsoft-basierte BI-Plattform als zentraler Bestandteil eines vollständig integrierten Unternehmenssteuerungssystems dienen, das alle vier Gesellschaften trotz ihrer unterschiedlichen Geschäftsmodelle auf einer einheitlichen technologischen Basis zusammenführt.
Fazit
Die Implementation des integrierten Reporting- und Planungstools hat die Effizienz und Effektivität der Finanz- und Planungsprozesse deutlich verbessert. Das Unternehmen verfügt nun über eine solide Datenbasis für fundierte Geschäftsentscheidungen und ist in der Lage, schneller auf Marktveränderungen zu reagieren. Die anfängliche Investition hat sich durch Zeit- und Ressourceneinsparungen sowie verbesserte Entscheidungsqualität bereits nach 18 Monaten amortisiert.
Die erfolgreiche Umsetzung dieses Projekts zeigt, dass auch mittelständische Unternehmen von modernen Business Intelligence und Performance Management Lösungen profitieren können, sofern die Implementation strukturiert und mit Fokus auf die spezifischen Unternehmensanforderungen erfolgt.
Christoph Gentz
PROFIL BEI UNITEDINTERIM
Gussau 107
22359 Hamburg
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
https://cg-cm.de
0172 592 70 49