Viele betriebliche Abläufe sind im Laufe der Jahre entstanden, modifiziert und immer weiter perfektioniert worden. Sie gelten als bewährt und scheinen zum Betriebsablauf im Unternehmen so notwendig zu sein, wie Geld zum Bezahlen von Rechnungen. Diese Abläufe bestimmen das Handeln, den Umgang der Mitarbeitenden miteinander und natürlich auch die Beziehungen nach „außen" – zu Kunden und Lieferanten,
Wenn jetzt bestehende Arbeitsabläufe 1:1 digitalisiert werden, lässt sich in der Praxis folgende Beobachtung machen: Weder (neue) Kunden noch (neue) Lieferanten oder (neue) Mitarbeiter wollen oder können sich darauf einlassen. In ihren Augen erscheint der alte Wein in neuen Schläuchen kompliziert oder gar untauglich. Das wird das Vertrauen in Ihr Unternehmen nachhaltig erschüttern.
Den bestehende Arbeitsalltag lediglich digital zu kopieren, wird folgende Auswirkungen haben:
(1) Widerstände bauen sich auf. Die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeitenden sinken. Die Fluktuation und/oder der Krankenstand steigt.
(2) Die Produktivität und die Profitabilität sinken.
(3) Nicht zu unterschätzen: Ihre Reputation als Arbeitgeber leidet! Die Faktoren „Spaß" und „Freude an der Arbeit" halten sich sehr in Grenzen. Der Mitarbeitermarkt merkt das schneller, als Sie eine Recruitment-Kampagne starten können. Qualifizierte, zumeist junge und digital affine Fachkräfte sind dauerhafte Mangelware. Binden Sie Ihre Mitarbeitenden mit Wertschätzung und Freude an der Arbeit. Ihre HR-Abteilung wird Ihnen dankbar sein!
Das muss nicht sein!
Ja, es ist eine Herausforderung! Organisatorisch, fachlich, technisch – und vor allem für die Menschen. Lesen Sie auch die Studie der Bundeszentrale für politische Bildung
- Individuen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge
- Funktionierende Software ist wichtiger als umfassende Dokumentationen
- Zusammenarbeit ist wichtiger als (Vertrags-) Verhandlungen
- Reagieren auf Veränderung ist wichtiger als das Befolgen eines Plans
(2) Bereiten Sie sich und Ihre Teams vor. Eine gute Vorbereitung ist schon die halbe Zielerreichung. Fördern Sie Beteiligung auf allen Ebenen und fordern Sie das ein.
Schaffen Sie Transparenz im Unternehmen. Machen Sie z.B. ein Townhall Meeting. Veranstalten Sie Workshops. Nutzen Sie die betriebliche Kommunikation.
Klären Sie das Ziel der Digitalisierung! Das Ziel muss jeder kennen und verstehen.
- Identifizieren Sie die Stakeholder (z.B. Fachabteilungen, IT, Kunden, Lieferanten, Betriebsrat, Geldgeber, …). Binden Sie diese so früh wie möglich aktiv in die Projektdefinition ein.
- Hinterfragen Sie ihre Ideen und Ziele und definieren Sie gemeinsam ein oder mehrere gemeinsame Ziele – versuchen Sie nicht, alles auf einmal zu machen. Mehrere kleinere Projekte vergrößern die Chance auf Erfolg.
- Wählen Sie dann gemeinsam die Umsetzungsstrategie für das Projekt. Elemente:
a. Build? - Ihr Projekt wird Teil des Produkts und ist somit Kernbestandteil des Unternehmens.
b. Buy? - Ihr Projekt unterstützt Abläufe im Unternehmen zur Steigerung von Qualität und Zufriedenheit sowie der Effizienz
c. Partner? - 2 unterschiedliche Produkte von unterschiedlichen Firmen werden zu einem neuen Ansatz zusammengeführt, um einen neuen Markt zu erobern oder zu schaffen.
Es geht in diesem Beitrag um betriebliche Abläufe an den Schnittstellen zwischen Teams und zu „externen" Stakeholdern. Buy ist daher die naheliegende und effizienteste Lösung. Für jede betrieblich-organisatorische Anforderung gibt es bereits Lösungen. Viele Lösungen lassen sich überdies mittlerweile als Abonnement oder Lizenzmodell nutzen, sodass Sie nur geringe Investitionen haben.
(3) Setzten Sie konsequent um. Dabei haben sich folgende Aspekte bewährt.
- Kommunizieren und erläutern Sie regelmäßig, weshalb, wo es hingeht und wo Sie stehen. Regelmäßige Kommunikation unterstreicht die Bedeutung.
- Laden Sie die Mitarbeitenden ein, sich zu beteiligen. Nehmen Sie die Fragen der Mitarbeitenden ernst. Oft sind „dumme" Fragen unzulänglich ausgedrückte Ängste. Lassen Sie Fehler und Unzulänglichkeiten zu und reden Sie darüber!
- Stellen Sie ein starkes Projektteam zusammen (Leitsatz 3), binden Sie die unterschiedlichen Fachbereiche ein und ermöglichen Sie dem Projektteam, auf Sie (bzw. die jeweiligen Entscheidungsträger) zugehen zu können.
- Hinterfragen Sie die bestehenden Abläufe! Was muss für wen getan werden? Was ist der Nutzen? Für den Empfänger? Für das Unternehmen? Für den Mitarbeitenden? Was sind regelmäßig wiederkehrende fehleranfällige Abläufe? Streichen Sie konsequent, was nicht mehr benötigt wird – oder automatisieren Sie, z.B. mit RPA Systemen
- Dabei erzeugen Sie Ängste. Nehmen Sie diese ernst. Ermöglichen Sie den Mitarbeitenden, sich auch anonym zu äußern. Thematisieren Sie die Ängste in der Kommunikation. Nehmen Sie den Mitarbeitern unbegründete Ängste ODER handeln Sie konsequent, transparent, wertschätzend und fair.
- Hier käme eine lange Abhandlung zur Auswahl der richtigen digitalen Lösung, der Einbeziehung von Integrationsexperten etc. Wichtig ist hierbei: Lassen Sie sich auf die Expertise der Experten ein und nutzen dennoch die Chance zu hinterfragen.
- Das Projektteam darf im Rahmen der Budgets alle Möglichkeiten ausschöpfen, neue Arbeitsabläufe zu etablieren und das Projekt umzusetzen – z.B. Meetings, Workshops, Trainings, Prozeduren, Seminare, Support – persönlich und online
(4) Damit es nachhaltig wird: Überführung des Projektes in einen neuen Alltag
- Kommunizieren und erläutern Sie weiterhin regelmäßig, wo Sie stehen. Das unterstützt die Verankerung im Alltag. Stellen Sie ehemalige Entscheidungen nicht infrage, erlauben Sie sich und anderen allerdings, Korrekturen und Ergänzungen vorzunehmen (Agile Leitsätze, siehe oben).
- Stellen Sie einen effizienten technischen Support bereit
- Nutzen Sie die effektiven Möglichkeiten von Business Prozess Coaching, um Mitarbeitende für sich selbst die besten Antworten auf ihre persönlichen technisch-organisatorischen Fragen finden zu lassen.
- Schaffen Sie einen regelmäßigen Austausch mit Mitarbeitenden (z.B. Round-Table). Nehmen Sie die Anmerkungen der Mitarbeitenden ernst. Lassen Sie deren Sichtweise zu und reden Sie darüber!
Fazit: Betroffene zu Beteiligten machen für eine gemeinsame Erfolgsstory
Machen Sie die Betroffenen zu Beteiligten. Kommunizieren Sie konsequent regelmäßig. Machen Sie das so oft wie möglich persönlich mit einem Ohr für die Stakeholder.
Danken Sie allen Beteiligten für Ihr Engagement. Sprechen Sie Anerkennung aus, wenn Dinge gut gelingen.
Zeigen Sie auf, welche positiven Auswirkungen die Veränderungen haben. Feiern Sie zusammen den gemeinsamen Erfolg. Das stärkt die Vertrauensbeziehung.
Nehmen Sie die Sorgen und Nöte ernst, thematisieren Sie diese. Handeln Sie konsequent, wenn Sorgen begründet sind. Das ist Wertschätzung der Betroffenen.
Teilen Sie Ihr Vorhaben in kleinere Projekte. Scheuen Sie sich nicht, Korrekturen an der Umsetzung vorzunehmen, um das gemeinsam vereinbarte Ziel zu erreichen.
Geben Sie Ihren Mitarbeitern die technischen und persönlichen Hilfsmittel an die Hand, sich im Alltag mit einer neuen digitalisierten Umgebung wohlzufühlen.
Ronny Burchhardt
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